"Hier regiert der KSV"

Luckenwalde. Samstag, 20.15 Uhr, Luckenwalde in Brandenburg. Der Final-Rückkampf um die deutsche Mannschafts-Meisterschaft zwischen dem 1. Luckenwalder SC (LSC) und dem KSV Köllerbach läuft. Draußen vor der Fläminghalle in Luckenwalde bläst ein eisiger Wind, und es schneit sich langsam ein

 So sehen Sieger aus: Die Ringer, Betreuer und Trainer des KSV Köllerbach präsentieren sich nach der Siegerehrung stolz mit dem Pokal des deutschen Meisters. Foto: Benesch

So sehen Sieger aus: Die Ringer, Betreuer und Trainer des KSV Köllerbach präsentieren sich nach der Siegerehrung stolz mit dem Pokal des deutschen Meisters. Foto: Benesch

Luckenwalde. Samstag, 20.15 Uhr, Luckenwalde in Brandenburg. Der Final-Rückkampf um die deutsche Mannschafts-Meisterschaft zwischen dem 1. Luckenwalder SC (LSC) und dem KSV Köllerbach läuft. Draußen vor der Fläminghalle in Luckenwalde bläst ein eisiger Wind, und es schneit sich langsam ein. In der Halle dagegen kocht die Stimmung - und der Sieben-Punkte Vorsprung des KSV aus dem Hinkampf schmilzt langsam, aber sicher dahin. "Es war sehr dramatisch", wird Köllerbachs Trainer Thomas Geid hinterher sagen - bis auf die Haut nassgeschwitzt, als hätte er selbst gerungen.

Es beginnt gut für den Titelverteidiger aus dem Saarland. Venelin Venkov bringt den KSV mit 3:0 Runden gegen den Norweger Anders Rönningen in Führung. Doch dann verlieren die Köllerbacher vier Kämpfe in Folge. Luckenwaldes Nick Mathuin schlägt Dimitar Kumchev in einem temporeichen Schwergewichts-Duell mit 3:2. Ohne Rundengewinn müssen anschließend Vladimir Togousov (gegen Radoslav Velikov), Kevin Arend (Schulterniederlage gegen Ivan Nemeth) und Timo Badusch gegen Eusebio Diaconu von der Matte gehen. 13:5 für die Gastgeber aus Brandenburg - und der deutsche Meister heißt zu diesem Zeitpunkt um 20.50 Uhr 1. Luckenwalder SC. Entsprechend gedrückt ist die Stimmung bei den 250 KSV-Anhängern, die in den beiden Jahren zuvor um diese Uhrzeit bereits feiern konnten.

Nicht viel besser geht es direkt nach der Pause weiter - sehr zur Freude der gut 1000 Fans aus Luckenwalde: KSV-Athlet Petar Kasabov verliert wie schon im Hinkampf gegen Norman Pickut mit 2:3. Zwischenstand: 16:9. Und als dann noch Köllerbachs Ismail Redzhep mit 0:2 gegen Serafin Barzakov zurückliegt, scheint der Traum vom dritten Meister-Titel in Folge geplatzt. "Es ist nicht optimal gelaufen. Wir hatten mit mehr Runden für uns gerechnet", sagt Geid später.

Doch dann kommt wie aus dem Nichts die Wende. Ismail Redzhep bekommt die zweite Luft und packt seinen Kampfgeist aus, dreht den Kampf gegen den ehemaligen Welt- und Europameister. "Ich bin sehr stolz, dass ich den Altmeister besiegen konnte", sagt Redzhep nach dem Kampf - die Initialzündung für den deutschen Meister. Jan Fischer (84 Kilo) legt im klassischen Stil routiniert mit einem 3:0 gegen Mark Madsen nach. "Der Sieg von Ismail hat zusätzlich gepusht", erklärt Fischer.

21.49 Uhr. Der Höhepunkt des Abends, das Duell zwischen den Dauerrivalen Alexei Gloushkov und Konstantin Schneider, steht bevor. Es geht um mehr als einen Sieg auf der Matte - es geht ums Prestige, um die Ehre. Die beiden kennen sich seit Jahren, gehören zur absoluten Weltspitze, haben ein WM-Finale gegeneinander gerungen. Im Rückkampf der vergangenen Saison verlor Schneider in Luckenwalde gegen den Russen durch eine Schulterniederlage. Im Hinkampf in Köllerbach vor einer Woche konnte Schneider Gloushkov erstmals in seiner Karriere besiegen.

Und erneut wird es ein hart umkämpftes wie hochklassiges Duell. Beide Athleten gehen an ihre Grenzen - und darüber hinaus. "Kosta" Schneider, der eine Stunde länger als alle anderen Köllerbacher hatte trainieren müssen, um sein Gewicht zu erreichen, ringt zeitweise wie in Trance. Außerdem muss er sich mit einem riesigen Veilchen über dem rechten Auge plagen, das ihm Gloushkov mit einem Ellenbogenstoß gleich in der ersten Runde verpasst hat. Beide gewinnen je zwei Runden, die fünfte muss entscheiden. Zwar hat Gloushkov diesmal das bessere Ende für sich, aber nach dem doppelten Rundengewinn Schneiders wachen die KSV-Anhänger wieder auf und skandieren erstmals an diesem Abend: "Hier regiert der KSV."

Beim Stand von 21:15 aus Sicht des LSC geht Köllerbachs Andriy Shyyka gegen Felix Menzel auf die Matte - ein Duell, das Shyyka nicht verlieren kann. Und er tut es auch nicht, im Gegenteil: Wie ein Sturm fegt er über Menzel hinweg und gewinnt nach technischer Überlegenheit. Dass am Ende eine 19:21-Niederlage in den Ergebnislisten steht, stört unter den Köllerbachern niemand. Flugs entern Mannschaft und Fans das Mattenpodest, es folgt die obligatorische Sektdusche. "Der dritte Sieg in Folge - was willst du mehr", freut sich Thomas Geid, der das ein oder andere Freudentränchen zu verdrücken hatte.

23.30 Uhr. In der Fläminghalle kehrt das Aufräum-Kommando des 1. Luckenwalder SC die Reste der Ringerparty zusammen. Draußen macht sich der Fanbus des KSV bereit zur Abfahrt. 700 Kilometer zurück bis ins Saarland - die meisten davon bei widrigsten Straßenverhältnissen. Und so geschlossen, wie die Schneedecke auf Brandenburgs Straßen, so geschlossen war die Mannschaftsleistung des alten und neuen deutschen Meisters KSV Köllerbach. "Nach der Pause

waren wir viel stärker. Jetzt bin ich

nur noch kaputt."

Köllerbachs Kapitän

Konstantin Schneider

"Ich denke, der Teamgeist war ausschlaggebend,

dass wir es erneut

geschafft haben."

Hilmar Rehlinger, Vorsitzender

des KSV Köllerbach

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