Handball Nach dem Fest ist auch der Verlierer glücklich

SAARLOUIS · Die HG Saarlouis hat im Pokalduell mit den Rhein-Neckar Löwen keine Chance. Doch das stört am Wochenende niemanden.

 Der Saarlouiser Neuzugang Tommy Wirtz (Mitte) erzielte gegen die Löwen fünf Tore und deutete sein Potenzial an.

Der Saarlouiser Neuzugang Tommy Wirtz (Mitte) erzielte gegen die Löwen fünf Tore und deutete sein Potenzial an.

Foto: Ruppenthal

Die Saarlouiser Stadtgartenhalle platzt am Samstagabend aus allen Nähten: Rund 1700 Besucher sind gekommen, um die Stars der Rhein-Neckar Löwen hautnah zu erleben. Dänemarks Weltmeister Mads Menah Larsen, die deutschen Nationalspieler Steffen Fäth, Patrick Groetzki oder Jannik Kohlbacher. Dazu weitere Größen des Welthandballs, die aus der Erstrunden-Partie im DHB-Pokal zwischen Gastgeber und Drittligist HG Saarlouis und dem Bundesligisten ein Duell machen, wie es ungleicher nicht sein könnte.

Das gilt auch ohne den gefragtesten Akteur in der Halle: Uwe Gensheimer, aktueller Kapitän der DHB-Auswahl, mehrfacher Handballer des Jahres und Torschützenkönig der Champions League, fehlt den Löwen in Saarlouis. „Ich habe eine leichte Zerrung in der Leiste. Bis zum Saisonstart sollte es wieder klappen, aber die Jungs haben es auch ohne mich gut gemacht“, sagt der 32-jährige Linksaußen nach dem souveränen 46:23 (20:12)-Sieg der Mannheimer.

Im Gegensatz zu den Kollegen hat Gensheimer während des Spiels seine Ruhe, verfolgt das Treiben entspannt auf einer Holzbank am Spielfeldrand. Doch noch in der ersten Hälfte, in einer Saarlouiser Auszeit, gibt es einen Vorgeschmack auf das, was den 172-fachen Nationalspieler nach dem Pokalhöhepunkt erwartet: Zwei junge Handball-Fans nutzen die Pause, um ihr Idol von der Tribüne aus um ein Autogramm zu bitten – und Gensheimer zögert keine Sekunde, erfüllt bereitwillig den Wunsch. „Manchmal kann das anstrengend sein, aber wenn man sieht, wie sich die Kinder freuen, macht man das gerne“, sagt Gensheimer lächelnd.

Gelöst wirkt nach der Partie auch Philipp Kessler, der Trainer der HG Saarlouis – trotz der klaren Niederlage gegen den deutschen Meister von 2016 und 2017. „Was ich bis zur Pause gegen die erste Auswahl der Löwen gesehen habe, war schon ordentliches Niveau von uns. Man darf nicht vergessen, gegen wen wir hier spielen“, sagt Kessler, dessen Team dem turmhohen Favoriten zu Beginn gut Paroli bot. Nach 29 Sekunden gelingt HG-Kapitän Peter Walz unter dem Jubel der Zuschauer das erste Tor – die Führung hält genau acht Sekunden, dann besorgt der spanische Europameister Gedeon Guardiola den direkten Ausgleich. Kurz darauf ist es erneut Walz, der das 2:1 markiert. Diesmal bleibt Saarlouis sogar fast eine Minute lang vorne – aber auch zum letzten Mal. Der isländische Ex-Internationale Alexander Petersson, Groetzki und Kohlbacher verschaffen den Gästen die 5:3-Führung. Walz verkürzt noch mal auf 4:5 (9. Minute), ehe die Löwen richtig ernst machen und Tor um Tor enteilen.

„Wir hatten uns das Ziel gesetzt, pro Halbzeit zumindest zehn Minuten mitzuhalten. Das hat speziell in Hälfte eins gut geklappt“, ist Walz dennoch zufrieden. Auch sein Trainer hält fest: „Wir haben die kleinen Highlights gesetzt, die wir uns vorgenommen haben. Hintenraus war es wichtiger, allen ein schönes Erlebnis zu verschaffen. Das Ergebnis war absolut zweitrangig“, sagt Kessler, der später den jungen Spielern seines kleinen Kaders (ohne Ivo Kucharik und Torwart Darius Jonczyk) zu einem Höhepunkt verhilft: Etwa dem 18-jährigen Torwart Vincent Hein, der für Patrick Schulz in die Kiste geht und begeistert ist: „Die Stimmung in der Halle war sensationell. So ein Spiel hat man nicht alle Tage – ich denke, ich kann heute gut schlafen“, sagt der A-Jugend-Bundesliga-Akteur.

Die HG wird also viel Selbstvertrauen mitnehmen, wenn am Freitag die Drittliga-Saison anrollt – ausgerechnet bei der zweiten Mannschaft der Löwen. Kapitän Walz ist frohen Mutes: „Wenn wir unsere Spielzüge gut ausgespielt haben, haben sie auch gegen die Erste der Rhein-Neckar Löwen funktioniert. Wieso sollte es dann nicht gegen deren Zweite klappen? Wir müssen nur konzentriert spielen, gallig in der Abwehr sein, dann klappt das nächste Woche“, ist er überzeugt.

 Licht am Ende des Tunnels: Die Rhein-Neckar Löwen sind bereit zum Einlaufen in die Stadtgartenhalle. 1700 Zuschauer warten auf sie.

Licht am Ende des Tunnels: Die Rhein-Neckar Löwen sind bereit zum Einlaufen in die Stadtgartenhalle. 1700 Zuschauer warten auf sie.

Foto: Ruppenthal
 Uwe Gensheimer spielte nicht, nahm sich aber ganz viel Zeit für die kleinen Fans in der Saarlouiser Stadtgartenhalle.

Uwe Gensheimer spielte nicht, nahm sich aber ganz viel Zeit für die kleinen Fans in der Saarlouiser Stadtgartenhalle.

Foto: Ruppenthal
 Wiedersehen mit den alten Kollegen: Peter Walz, Jonas Faulenbach, Julius Lindskog Andersson und Philipp Leist (von links).

Wiedersehen mit den alten Kollegen: Peter Walz, Jonas Faulenbach, Julius Lindskog Andersson und Philipp Leist (von links).

Foto: Ruppenthal

Überzeugend ist auch der Auftritt der Rhein-Neckar Löwen am Sonntag im Zweitrundenspiel gegen Zweitligist TuS Ferndorf, der am Samstag im ersten Halbfinale Drittligist SG Nußloch mit 36:28 (17:15) besiegt – dank des Ex-Saarlouisers Julius Lindskog Andersson, der mit elf Toren überragt. Ferndorfs Jonas Faulenbach, ehemaliger Kapitän der HG Saarlouis, ist gegen Nußloch um seinen Topwerfer, den 2007er Weltmeister Christian Zeitz (sieben Tore), ein Mal erfolgreich. Am Sonntag setzen sich die Löwen locker mit 30:17 durch. Nationalspieler Patrick Groetzki, 145 Mal für Deutschland im Einsatz, lobt den Pokal-Gastgeber Saarlouis. „Eine volle Halle, eine super Atmosphäre und Mordsstimmung. Das hat auf jeden Fall Spaß gemacht.“ Nicht nur ihm, auch den Handball-Fans im Saarland.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort