Henrys Betrug hat bei den Iren tiefe Narben hinterlassen

Tallinn. Der irische Albtraum - er besteht aus einem Freistoß, einer Ballannahme plus Querpass und einem Abstauber auf der Torlinie. Der Torschütze William Gallas wird bald ebenso vergessen sein, wie der Freistoß-Ausführende Florent Malouda. Der Name des Zwischenmannes aber wird wohl auf ewig in den Kneipen von Dublin widerhallen: Thierry Henry

Tallinn. Der irische Albtraum - er besteht aus einem Freistoß, einer Ballannahme plus Querpass und einem Abstauber auf der Torlinie. Der Torschütze William Gallas wird bald ebenso vergessen sein, wie der Freistoß-Ausführende Florent Malouda. Der Name des Zwischenmannes aber wird wohl auf ewig in den Kneipen von Dublin widerhallen: Thierry Henry.Henrys doppeltes Handspiel vor dem 1:1 in der Verlängerung brachte die irische Fußball-Nation um die Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2010. Er hatte den Ball mit dem Unterarm angenommen und ihn sich dann mit der Hand auch noch selbst vorgelegt. Hätte es nach der Verlängerung 1:0 für Irland gestanden, hätte es ein Elfmeterschießen gegeben. die Franzosen hatten das Hinspiel 1:0 gewonnen.

Ziemlich genau zwei Jahre später wollen Irlands Fußballer das Kapitel Henry für sich abschließen. Sie wollen Estland in zwei Relegations-Spielen heute in Tallinn und am Dienstag in Dublin - jeweils um 20.45 Uhr - besiegen und an der Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine teilnehmen. Es wäre das erste Mal seit 1988, das zweite Mal überhaupt.

"Die Wunde ist noch da"

"Jeder hat diese Narbe. Die Wunde ist noch da", sagt Verteidiger Stephen Kelly: "Wenn wir uns jetzt qualifizieren, wird sich das hoffentlich wie ein Pflaster darüberlegen und wir können es vergessen, es wird erledigt sein. Es ist uns frisch im Gedächtnis und wir sind alle sehr darum bemüht, so etwas nicht nochmals geschehen zu lassen."

Irland spielt zwar gegen Estland, aber auch gegen das Trauma Henry. Es wollte nicht in die Dickschädel der stolzen Sportsmänner, dass diese offensichtliche, himmelschreiende Schummelei unbestraft blieb. "Die Jungs waren darüber sehr aufgebracht", erinnert sich Paul McShane, der damals in dem Spiel in Paris eingewechselt wurde: "Hoffentlich haben wir diesmal ein bisschen Glück auf unserer Seite." Alles hatte Irland damals versucht, um doch Gerechtigkeit zu erfahren. Zunächst plädierten die Außenseiter für ein Wiederholungsspiel gegen den damaligen Vize-Weltmeister, später dafür, als 33. Mannschaft für die WM zugelassen zu werden. Doch der Weltverband beharrte auf der Tatsachen-Entscheidung von Schiedsrichter Martin Hansson aus Schweden.

Trainer-Dino Trapattoni

Die irische Mannschaft von Giovanni Trapattoni - der italienische Trainer-Dino ist mittlerweile 72 Jahre alt - ist gegen Estland nun der Favorit, auch, weil das Rückspiel in der eigenen Hauptstadt stattfindet. Eine ungewohnte Situation. Schon warnt Shay Given, der vor zwei Jahren den besten Blick auf Henrys Hand hatte und am vehementesten protestierte, vor ungebührlicher Euphorie: "Unsere Spieler und Fans müssen realistisch bleiben. Wir dürfen uns nicht zu weit aus dem Fenster lehnen", sagt der 35 Jahre alte Torwart, der darauf hinweist, dass die Esten in ihrer Gruppe immerhin Serbien und Slowenien besiegten.

Im heutigen Spiel sind die Iren dezimiert. Die Verletzten John O'Shea, Shane Long und Liam Lawrence fehlen ebenso wie die gesperrten Kevin Doyle und Leon Best. "Wir dürfen keine Angst haben, wir müssen daran glauben und zuversichtlich sein, dass wir diesmal an der Reihe sind. Es ist eine große Chance für uns", sagt Given. Wenn er und seine Kollegen sie nutzen, könnte es sein, dass die künftigen Generationen in Dublins Kneipen statt über diesen Franzosen Henry viel lieber über die irischen Heldentaten reden: "Wisst ihr noch, damals, in Polen und der Ukraine?"

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