Held wider Willen

Kaiserslautern. Beinahe mochte man Mitleid mit ihm haben. Beinahe mochte man meinen, er selbst hätte dieses Tor vielleicht lieber nicht geschossen, als er da, die Hand von Pressesprecher Christian Gruber auf der Schulter, von Interview zu Interview geführt wurde

Kaiserslautern. Beinahe mochte man Mitleid mit ihm haben. Beinahe mochte man meinen, er selbst hätte dieses Tor vielleicht lieber nicht geschossen, als er da, die Hand von Pressesprecher Christian Gruber auf der Schulter, von Interview zu Interview geführt wurde. Selbst das Lob und all die anderen Hände, die ihm auf die Schultern klopften, schienen für Jan Moravek eine potenzielle Bedrohung zu sein. Aber wer in der 90. Minute das 1:1 gegen den Tabellenführer Borussia Dortmund schießt und das auch noch so sehenswert kaltschnäuzig macht, der muss Lob ertragen."Natürlich war das schön und wichtig für mich. Ich habe einfach die Augen zugemacht und geschossen", berichtete er, ruhig und einnehmend höflich. Er hatte einiges richtig gestellt mit diesem Tor von der Strafraumgrenze, hatte seinem 1. FC Kaiserslautern den einen Punkt gegen den designierten Meister gerettet. Und auch wenn es diesen einen glücklichen Moment brauchte, als das Spiel schon verloren schien, kam dieses 1:1 der tatsächlichen Leistung ziemlich nahe.

Wie zu erwarten war, war Dortmund dem FCK spielerisch zwar überlegen und hatte vielleicht in der Summe die besseren Chancen. Aber die Mannschaft investierte viel, um diese spielerische Unterlegenheit auszugleichen. Hinzu kam die harte Gelb-Rote Karte für Neven Subotic, kurz nach dem 1:0 für Dortmund durch Sven Bender. "Und der Rasen hat dann ein Übriges getan, so ehrlich muss man sein", sagte Mittelfeldspieler Christian Tiffert, der Moraveks Tor mit einem Eckball vorbereitet hatte. Dem Rasen war der lange Leidensweg im Winter anzusehen, was dem FCK sicher weniger Probleme bereitete als den Dortmundern. Vor allem aber war es das "intensive und leidenschaftliche Auftreten", von dem Trainer Marco Kurz sprach, mit dem sich der FCK diesen Punkt verdient hatte.

Allen voran auch Christian Tiffert, der nach einer schwachen Phase in den vergangenen Spielen zeigte, wie dringend er in guter Verfassung als Lenker gebraucht wird. Dass er gegen Dortmund wieder mehr von dieser Lenkleistung zeigen würde, das deutete er bereits nach sieben Minuten an, als er bei vollem Bewusstsein aus 35 Metern nur an der Latte scheiterte: "Für mich selbst war das ein Signal. Die letzten Wochen waren nicht gut von mir. Das kann ich besser." Wie am Samstag gegen Dortmund.

Dass dieses 1:1 psychologisch wertvoller ist als für die Tabelle, das schien allen Beteiligten klar zu sein. Auch Kurz war überzeugt: "Vom Kopf her bringt uns das weiter." Einzig Stiven Rivic, nur 23 Minuten nach seiner Einwechslung mit harscher Begründung ("Er war zu keiner Minute auf dem Platz") von Kurz wieder ausgewechselt, dürfte anderer Einschätzung sein. Es war ein kleiner Bonus-Punkt in der Rechnung für den Klassenverbleib. Aber trotzdem dürfte der Ausgleich Selbstbewusstsein aufgebaut haben. Nur Jan Moravek wird sich in Zukunft wohl zweimal überlegen, ob er noch mal so ein Tor schießt.

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