Heiße Diskussionen

Melbourne · Gestern haben die Organisatoren der Australian Open auf Grund der Rekordtemperaturen jenseits der 40-Grad-Marke erstmals die Spiele auf den Außenplätzen unterbrochen. Dennoch wächst die Kritik.

"Extreme Heat Policy (EHP)" - sie schreibt die Vorgehensweise bei der extremen Hitze im australischen Hochsommer vor. Nicht der Sport, nur dieses Thema beherrscht derzeit die Australian Open. Die Hitzewelle hat am gestrigen vierten Turniertag erstmals zu einer Spielunterbrechung geführt. Gegen 14 Uhr Ortszeit bei 42 Grad im Schatten trat die letzte Stufe der EHP in Kraft. Ein Faktor, der sich aus Temperatur, UV-Strahlung, Wind und Luftfeuchtigkeit errechnen lässt, hatte einen kritischen Wert überstiegen.

Allerdings mussten alle Akteure erst den laufenden Satz zu Ende bringen, ehe ihre Spiele gestoppt wurden. Das ist im EHP-Regelwerk festgelegt. Über der Rod-Laver- und der Hisense-Arena wurden die Dächer geschlossen und das Turnier anschließend fortgesetzt. Erst um kurz nach 18 Uhr wurden die Spiele auf den Außenplätzen wieder aufgenommen - bei 40 Grad. Zuletzt waren die Spiele in Melbourne im Jahr 2009 wegen extremer Hitze unterbrochen worden.

Maria Scharapowa kritisierte nach ihrem Marathon-Auftritt in der Mittagshitze die Informationspolitik der Offiziellen. "Niemand weiß, was das Limit ist, kein Spieler, nicht einmal die Physios", sagte die Russin, die sich im längsten Damen-Spiel des Turniers nach 3:28 Stunden mit 6:3, 4:6 und 10:8 gegen Karin Knapp aus Italien durchgesetzt hatte: "Niemand weiß, wann das Dach geschlossen wird oder wann die Spiele abgebrochen werden." Scharapowa hätte gerne mehr Informationen. "Es gibt viele offene Fragen, die geklärt werden sollten", sagte die 26-Jährige: Wer entscheide, wann die Bedingungen zu extrem werden?

Ihre nächste Gegnerin, Alize Cornet aus Frankreich, wunderte sich über das Vorgehen der Offiziellen. "Am Dienstag war es hier wie im Ofen. Der Wind war glühend heiß, und die Leute sind ohnmächtig geworden", sagte Cornet: "Die Bedingungen waren ähnlich, heute ist es vielleicht ein Grad heißer. Es sieht so aus, als sei die Entscheidung aus der Luft gegriffen. Das wäre schade." Turnierarzt Dr. Tim Wood erklärte: "Heute wurden die Schlüsselparameter erreicht, ab denen wir die Spiele unterbrechen." Bundestrainerin Barbara Rittner nimmt ihm diese Version nicht ab: "Ich glaube eher, sie haben es auf Druck der Spitzenspieler gemacht, die sich in den letzten Tagen immer wieder beschwert haben. Man hätte auch gestern abbrechen müssen. Irgendwo ist eine Grenze erreicht." Seit Dienstag herrschen im Bundesstaat Victoria Temperaturen von mehr als 40 Grad. Die Hitzewelle ist so heftig wie seit mehr als 100 Jahren nicht mehr. Bis auf 43,9 Grad kletterte das Thermometer gestern. Der Rekordwert im Januar wurde mit 45,6 Grad im Jahr 1936 gemessen.

Das letzte "Opfer" der Hitze war die Amerikanerin Varvara Lepchenko. Im Spiel gegen die Rumänin Simona Halep musste Lepchenko behandelt werden, die Ärzte kühlten sie mit Eis. Das Spielfeld in der Rod-Laver-Arena war derart aufgeheizt, dass sich Lepchenko zur Behandlung nicht auf den Boden legen konnte. Die Weltranglisten-50. spielte die Partie zwar weiter, war beim 6:4, 0:6 und 1:6 am Ende aber vollkommen chancenlos.

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