Heine Jensen hat einen Traum

Novi Sad · Heute beginnt die Handball-WM der Frauen in Serbien. Trotz Personalproblemen träumt das deutsche Team von der ersten Medaille seit WM-Bronze 2007. Nach den Enttäuschungen bei den Männern steht der Ruf einer ganzen Sportart auf dem Spiel.

Die Bedeutung der Weltmeisterschaft in Serbien? Bei dieser Frage muss Handball-Ikone Stefan Kretzschmar nicht lange überlegen. "Ich hoffe, dass wir weit kommen, weil das für das Renommee des deutschen Handballs unheimlich wichtig wäre", sagt Kretzschmar vor dem WM-Auftakt der deutschen Mannschaft morgen gegen Australien (17 Uhr/Sport1). Nach den Enttäuschungen bei den Männern sollen die Frauen nun die Kohlen aus dem Feuer holen.

"Wir wollen aus der Gruppenphase rauskommen und dann von Spiel zu Spiel denken. Wir sind in der Lage zu sagen: Wenn wir unsere Top-Leistung bringen, dann haben wir gegen viele Mannschaften eine gute Chance", sagt Bundestrainer Heine Jensen. Minimalziel ist das Erreichen des Achtelfinales, doch insgeheim hofft der Däne auf mehr - trotz der vielen Verletzungen im Vorfeld des Turniers.

Bernhard Bauer, der Präsident des Deutschen Handballbundes (DHB), wünscht der Mannschaft, "dass sie sich selbst belohnt und trotz des Alles-Oder-Nichts-Modus so lange wie möglich im Turnier bleiben wird". Das Team sei "nicht zu weit von der Weltspitze entfernt", findet der Verbandsboss.

Favoriten auf die WM-Krone sind mal wieder die üblichen Verdächtigen. Titelverteidiger Norwegen, Europameister Montenegro, Dänemark und Serbien. Aber auch Rumänien und die Niederlande hat Jensen auf der Rechnung: "Und natürlich uns." An einem guten Tag, das weiß der 36-Jährige nur zu gut, kann sein Team selbst den Großen ein Bein stellen. So geschehen kürzlich beim 32:27 gegen Rekord-Weltmeister Russland in der EM-Qualifikation.

Das neue Selbstbewusstsein im deutschen Frauenhandball ist erstaunlich. Noch vor nicht allzu langer Zeit sah sich jener Jensen heftiger Kritik ausgesetzt, von allen Seiten wurde an seinem Stuhl gesägt. Doch der siebte Platz bei der EM und auch die jüngsten Auftritte zeigen: Der Weltmeister von 1993 klopft nach Jahren in der Diaspora an die Tür zur Spitze.

Von Ergebnissen wie den beiden Siegen in der Generalprobe gegen Schweden am vergangenen Wochenende lässt sich Jensen nicht blenden. Zu frisch sind noch die Erinnerungen an die WM 2011, sein erstes Turnier als Auswahltrainer, als seine Mannschaft böse abstürzte. Dem sensationellen Sieg im Auftaktspiel gegen den späteren Weltmeister und Olympiasieger Norwegen folgte ein Desaster. Am Ende stand Platz 17, Olympia in London fand ohne die deutschen Frauen statt.

Mittlerweile sind die Tiefpunkte bei weitem nicht mehr so tief. Das Team hat sich entwickelt und lässt sich selbst von der schweren Verletzung seiner Spielmacherin Kerstin Wohlbold (Kreuzbandriss) nicht entmutigen. "Wir müssen als Mannschaft noch enger zusammenrücken", sagt Jensen nach dem Schock des vergangenen Wochenendes. Dabei ist Wohlbold nicht die einzige Stammkraft, die in Serbien passen muss. Mit Spielführerin Isabell Klein und Torfrau Katja Schülke, die beide im kommenden Jahr ihr erstes Kind erwarten, sowie Anne Müller (Knieverletzung) fallen gleich drei weitere Leistungsträgerinnen aus.

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Auf einen BlickDie deutschen Handballerinnen treffen in der WM-Vorrunde in der Gruppe D in Novi Sad auf Australien (7. Dezember), Tschechien (9. Dezember), Rumänien (10. Dezember), Tunesien (12. Dezember) und Ungarn (13. Dezember). Alle Partien findet um 17 Uhr statt und werden von Sport1 live übertragen. Die ersten vier Mannschaften der vier Vorrundengruppen ziehen ins Achtelfinale ein. Dort geht es ab dem 15. Dezember im K.o.-System weiter. Das Finale findet am 22. Dezember in Belgrad statt. sid

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