Hector gibt sein Trikot nicht mehr her

Saarbrücken · Gebürtige Saarländer in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gibt es nicht viele. Die SZ hat zehn gefunden – von Carl Zörner über Wolfgang Seel und Gerd Zewe bis hin zu Stefan Kuntz und nun Jonas Hector.

 Der Auersmacher Jonas Hector bestritt am Freitag gegen Gibraltar sein erstes Länderspiel für Deutschland. Foto: Hase/dpa

Der Auersmacher Jonas Hector bestritt am Freitag gegen Gibraltar sein erstes Länderspiel für Deutschland. Foto: Hase/dpa

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Saarländer in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft - wer sie sucht, hat es schwer. Es gibt wenige. Dazu kommt: Einige sind nicht wirklich auf den ersten Blick als Saarländer zu erkennen. Wie Carl Zörner. Er war Nationalspieler und ist in Neunkirchen geboren, war aber bereits als Kind nach Köln verzogen. Das größere Problem bei solchen Zörners ist: Das war im Jahre 1903. Oder 1902. Oder 1904. So genau weiß man das nicht. Zörners machen die Suche schwer.

Und dann gibt es ja noch Spieler wie Karl Ringel (Fürth), Edmund Conen (Ürzig), Egon Schmitt (Mühlheim/Main) oder Erik Durm (Pirmasens), die alle im Saarland Bälle gestreichelt haben, teils noch hier leben, auch für Deutschland gespielt haben - aber sie sind nicht im Saarland geboren.

Zwar sind die saarländischen Nationalspieler (1950 bis 1956) wie die DDR-Nationalspieler (1952 bis 1990) beim Deutschen Fußball-Bund (1908 bis heute) in den Nationalspieler-Statistiken gelistet. Herbert Binkert und Kurt Clemens stehen da auch drin, gehörten damals im Trikot des Saarlandes auch zu den besten Fußballern Europas. Für Deutschland haben sie aber nie spielen dürfen. Die Politik war schuld. Daher stehen sie nicht in unsere Auflistung, die nun neun Spieler führt. Jonas Hector ist also unsere Nummer zehn. Wenn Sie denken, wir haben einen vergessen, schicken Sie uns eine Mail mit dem Betreff "Nationalspieler" an sport@sz-sb.de. Wir sind für jeden saarländischen DFB-Nationalspieler dankbar.

Carl Zörner

Carl Zörner, geboren am 18. Juni 1895. Oder am 18. Juni 1896. Es finden sich unterschiedlichste Daten. Fest steht: Zörner wurde in Neunkirchen als Sohn eines Bergbeamten geboren. Er ist der wohl unbekannteste Saarländer in der Nationalelf. Das liegt zum einen an seinem Geburtsjahr, das liegt aber auch daran, dass er als Fußballer im Saarland nicht aktiv war. Bereits als kleiner Junge zog er mit seiner Familie nach Köln. Als Jugendlicher war er zunächst Handball-Torhüter und Leichtathlet, schaffte es als 100-Meter-Läufer (unter elf Sekunden) und Weitspringer (über sieben Meter) gar ins Nationalteam.

Fußball spielte Zörner parallel. Zunächst beim SC 99 Köln, später beim Berliner DSC. Dort spielte er auch Wasserball und Hockey. Während seines Jurastudiums in Berlin wurde er innerhalb eines Tages in vier unterschiedlichen Sportarten deutscher Hochschulmeister. In der Fußball-Nationalelf debütierte er am 10. Mai 1923 beim 0:0 gegen die Niederlande. Als Torhüter. Im selben Jahr kam er noch auf drei weitere Länderspiele. 1938 wurde Zörner zum 2. Vorsitzenden des Deutschen Fußball-Bundes und damit zum Stellvertreter Felix Linnemanns gewählt. Im Oktober 1941 fiel er im Krieg gegen die Sowjetunion.

Wilhelm Sold

Wilhelm "Bubi" Sold erblickte 1911 das Licht der Saarbrücker Welt, gründete später ein Sportgeschäft. Dazwischen spielte er meist Fußball. So gut, dass er der zweite deutsche Nationalspieler aus dem Saarland ist. Am 18. August 1935 gab er beim 1:0-Erfolg in Luxemburg unter Trainer Otto Nerz sein Debüt. Insgesamt bestritt der 1995 verstorbene Mittelläufer zwölf Länderspiele, davon sechs für den FV Saarbrücken und jeweils drei für den 1. FC Nürnberg und Tennis Borussia Berlin. Zu jener Zeit spielte er auch einige Male mit dem jungen Fritz Walter zusammen. Nach dem Krieg kickte er als fast 40-Jähriger für den 1. FC Saarbrücken in insgesamt 52 Oberligaspielen (elf Tore). Sold war nicht nur ein ausgezeichneter Fußballspieler - auch als Kegler wurde der Saarbrücker deutscher Mannschaftsmeister.

Kurt Welsch

Kurt Welsch kam am 21. Juni 1917 in Neunkirchen zur Welt und bestritt als 20-jähriger Verteidiger von Borussia Neunkirchen am 25. Juni 1937 gegen Lettland (3:1) sein erstes und einziges Länderspiel. Was ihm das Leben rettete. Das zeigen Briefwechsel zwischen Welsch und dem damaligen Reichs-Trainer Sepp Herberger . Die Briefe sind im sehr gut sortierten Archiv von Borussia Neunkirchen zu finden.

1941 war Herberger besorgt um die Nationalspieler an der Front und behauptete gegenüber der Reichsregierung, nicht mehr genug Spieler zu haben. Daher bat er um Sonderurlaub für Spieler, "die sich bisher im Fronteinsatz bewährt und ausgezeichnet haben". Dem Schreiben fügte er eine Liste mit Namen bei. Kurt Welsch, damals an der Ostfront, stand an vierter Stelle. "Es kommt mich heute noch märchenhaft vor, dass ich durch diese Maßnahme aus der kalten Zone herausgekommen bin", schrieb Welsch am 2. März 1968 in einem Brief an Trainer Herberger. Welsch verstarb am 14. Oktober 1981.

Heinz Vollmar

Heinz Vollmar kam am 26. April 1936 in St. Ingbert zur Welt. Nur 20 Jahre später, am 30. Juni 1956, setzte ihn Sepp Herberger in der deutschen Nationalmannschaft beim Länderspiel in Stockholm gegen Schweden ein. Wohl auf Empfehlung von Trainer Helmut Schön , unter dem Vollmar bereits vier Spiele in der saarländischen Nationalelf absolvierte. Im Dezember 1956 traf er beim 4:1-Sieg gegen Belgien zum 2:1 - das erste Saar-Tor für Deutschland. Vollmar stürmte in seinen zwölf Länderspielen meist auf Linksaußen, traf drei Mal und stand im 22er-Aufgebot für die WM in Chile 1962. Dort gespielt hat der ehemalige Spieler des 1. FC Saarbrücken und des SV St. Ingbert allerdings nicht. Vollmar verstarb 1987 mit 51 Jahren beim Joggen in einem Waldstück zwischen St. Ingbert und Sulzbach an Herzversagen.

Bernd Franke

Bernd Franke wurde am 12. Februar 1948 in Bliesen geboren. Der Torwart startete beim SV Bliesen, spielte beim SV Urexweiler, dem SV Saar 05 Saarbrücken , Fortuna Düsseldorf und Eintracht Braunschweig . Er stand 345 Mal in der 1. Bundesliga im Tor, 142 Mal in Liga zwei sowie 15 Mal im Europacup. Er ist sicher Saarlands bester Torhüter. Denn auch in der Nationalmannschaft stand er zwischen 1973 und 1982 sieben Mal zwischen den Pfosten und nahm an der WM 1982 in Spanien teil. Über 40 Mal saß er auf der Reservebank - auch beim WM-Endspiel 1982, das Deutschland mit Torwart Harald Schumacher in der Startelf mit 1:3 gegen Italien verlor. Franke arbeitete zuletzt auch als Konditionstrainer der saarländischen Tennisspielerin Kristina Barrois .

Wolfgang Seel

Wolfgang Seel kam am 21. Juni 1948 in Kirkel zur Welt. Beim SV Kirkel begann er zu kicken, kam über den 1. FC Kaiserslautern 1973 zu Fortuna Düsseldorf , bei der er seine große Zeit erlebte. Bis 1986 absolvierte er insgesamt 361 Bundesligaspiele für den FCS, den FCK und die Fortuna, traf 79 Mal. Mit Düsseldorf gewann der Spielmacher zwei Mal den DFB-Pokal (1979 und 1980), stand mit der Fortuna 1979 im Endspiel des Europapokals der Pokalsieger gegen den FC Barcelona , das die Fortuna unglücklich mit 3:4 verlor. Sein erstes Länderspiel bestritt er bei der 1:2-Niederlage gegen die Schweiz am 4. September 1974. Seinen letzten von sechs Nationalelf-Auftritten hatte er am 14. Dezember 1977 beim 1:1 gegen Wales. Heute lebt Seel in Reichenbrunn bei Oberwürzbach und ist DFB-Stützpunkttrainer im Saarland.

Gerd Zewe

Gerd Zewe wurde am 13. Juni 1950 in Stennweiler geboren. Der Mittelfeldspieler kam 1972 über den SV Stennweiler und Borussia Neunkirchen zur Fortuna nach Düsseldorf. Insgesamt absolvierte er in der Bundesliga 440 Partien für die Fortuna und erzielte 42 Treffer, womit er bis heute der Rekordspieler der Rheinländer in der Bundesliga ist. Gemeinsam mit Wolfgang Seel gewann er zwei Mal den DFB-Pokal und stand im Endspiel des Europapokals der Landesmeister. 1978 und 1979 bestritt er insgesamt vier Länderspiele, stand 1978 für die WM in Argentinien im Aufgebot, kam aber nicht zum Einsatz. Zu seinen vier A-Länderspiel-Einsätzen kam Gerd Zewe unmittelbar nach der WM 1978 unter dem neuen Bundestrainer Jupp Derwall , der lange in St. Ingbert lebte. Bis 2014 war Zewe auch der letzte Spieler von Fortuna Düsseldorf , der an einer WM teilgenommen hat.

Stefan Kuntz

Stefan Kuntz ist am 30. Oktober in Neunkirchen geboren und lebt auch heute noch im Saarland. Zwischen 1983 und 1999 stand er 449 Mal in der 1. Bundesliga auf dem Platz und traf 179 Mal ins Schwarze. Für den VfL Bochum , Bayer Uerdingen, den 1. FC Kaiserslautern und Arminia Bielefeld lief er auf, spielte später noch für Besiktas Istanbul. Kuntz war zwei Mal Torschützenkönig der Bundesliga (1985/86 und 1993/94) und ein Mal Fußballer des Jahres (1991). Mit Lautern feierte er 1990 den DFB-Pokalsieg und 1991 den Meistertitel. 25 Länderspiele bestritt der heutige Vorstandschef des 1. FC Kaiserslautern , traf dabei sechs Mal und war Mitglied der Europameister-Mannschaft 1996. Kuntz ist damit der erfolgreichste Saarländer im Trikot mit dem Adler auf der Brust.

Philipp Wollscheid

Philipp Wollscheid wurde am 6. März 1989 in Wadern geboren und war bis Freitag der bisher letzte Saarländer, der mit dem Adler auf der Brust auflief. Das durfte der Abwehrspieler, ausgeliehen von Bayer Leverkusen an Mainz 05 , am 29. Mai 2013 beim 4:2-Sieg gegen Ecuador (eine Minute gespielt). Bei der 3:4-Niederlage gegen die USA drei Tage später durfte er die zweite Halbzeit spielen. Seither setzte ihn Bundestrainer Joachim Löw nicht mehr ein.

Jonas Hector

 Carl Zörner war der erste Saarländer, der für Deutschland spielen durfte. Foto: SZ

Carl Zörner war der erste Saarländer, der für Deutschland spielen durfte. Foto: SZ

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 Wolfgang Seel, sechsmaliger Nationalspieler, ist dem Saarland eng verbunden. Foto: rup

Wolfgang Seel, sechsmaliger Nationalspieler, ist dem Saarland eng verbunden. Foto: rup

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Jonas Hector, geboren am 27. Mai 1990 in Saarbrücken , durfte wie erhofft am vergangenen Freitag gegen Gibraltar erstmals das DFB-Trikot (Nummer 14) tragen - und gab es nicht mehr her. Der Profi des 1. FC Köln wollte es unbedingt als Erinnerung mit nach Hause nehmen. Wem er es versprochen hatte, mochte Hector aber nicht verraten. Zurückhaltung ist überhaupt ein Charakterzug des 74. Debütanten in der Amtszeit von Bundestrainer Joachim Löw - jedenfalls außerhalb des Platzes. "Ich bin jetzt erstmal froh, dass ich spielen durfte", sagte Hector, der nach 72 Minuten den Dortmunder und früheren FCS-Jugendspieler Erik Durm als Linksverteidiger ablösen durfte. "Jeder kleine Junge, der anfängt, Fußball zu spielen, will irgendwann mal da sein", sagte der Auersmacher Bub.

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