Haugs Stern geht unter

Stuttgart. Die Formel 1 verliert eines ihrer in Deutschland bekanntesten Gesichter. Motorsportchef Norbert Haug muss bei Mercedes gehen - nach 22 Jahren

Stuttgart. Die Formel 1 verliert eines ihrer in Deutschland bekanntesten Gesichter. Motorsportchef Norbert Haug muss bei Mercedes gehen - nach 22 Jahren. "Leider konnten wir seit der Gründung unseres eigenen Formel-1-Werksteams 2010 unsere eigenen Erwartungen noch nicht erfüllen, aber die Weichen für Erfolge sind gestellt und das Team und unsere Fahrer werden alles geben, diese zu erreichen", erklärte Haug gestern. Der Vertrag mit Haug, der vor drei Wochen seinen 60. Geburtstag gefeiert hatte, wird zum Jahresende offiziell "in gegenseitigem Einvernehmen" aufgelöst, wie der schwäbische Autobauer mitteilte."Norbert Haug war über 20 Jahre lang das Gesicht des Motosport-Engagements von Mercedes-Benz. Er hat für mich eine ganze Ära geprägt - und als Höhepunkt die erfolgreiche Rückkehr der Silberpfeile in die Formel 1 verantwortet", erklärte Daimler-Chef Dieter Zetsche.

Doch die Bilanz seit der Rückkehr 2010 samt der spektakulären Reaktivierung von Rekord-Weltmeister Michael Schumacher war alles andere als erfolgreich. Erst 2012 gewann Nico Rosberg in China den ersten Grand Prix für Mercedes seit der Silberpfeil-Rückkehr vor drei Jahren. Punktemäßig entwickelte sich die abgelaufene Saison dennoch zur schlechtesten seit dem Einstieg als Werk. Auch deshalb hatte Schumacher am Ende wohl keine Energie mehr und beendete nun endgültig seine Karriere.

Danach wurde der Umbruch bei Mercedes eingeleitet. Ex-Weltmeister Lewis Hamilton wurde für viel Geld bei McLaren als Schumacher-Nachfolger losgeeist, Ex-Weltmeister Niki Lauda für den Aufsichtsrat gewonnen. Für Haug ist beim Neuanfang nun kein Platz mehr. Beim letzten Formel-1-Rennen der Saison in Sao Paulo hatte sich der 60-Jährige noch kämpferisch gegeben. "Ich bin so fit, motiviert und engagiert wie eh und je", sagte Haug. Mit dem Aufhören wollte er sich da noch lange nicht beschäftigen. Doch am Ende hat er den Machtkampf mit Lauda jetzt wohl verloren.

Haug, zuvor Motorsport-Journalist, war seit Oktober 1990 Sportchef bei Mercedes. "Diese Zeit hatte keine Sekunde ohne Leidenschaft für mich parat", sagt er. Sechs Formel-1-Titel und 87 Grand-Prix-Siege fallen in seine Verantwortung - alle allerdings mit anderen Partnern errungen. Im Deutschen Torenwagen Masters (DTM) gewann Mercedes unter Haugs Verantwortung 32 Titel, darunter fünf mit dem St. Ingberter Bernd Schneider. Der sagte gestern: "Norbert Haug wird eine große Lücke hinterlassen, er hat Mercedes-Motorsport gelebt, war immer mit Herzblut dabei. Es wird schwer, diese Lücke zu schließen." sid/dpa

Meinung

Absehbares Ende

Von SZ-RedakteurPeter Wilhelm

Den DTM-Titel auf der Zielgerade verspielt. In der Formel 1 sogar von Hinterbänkler-Teams wie Toro Rosso ausgebremst. Mercedes bot im Motorsport zuletzt keine gute Figur. Von daher kommt die Trennung von Sportchef Norbert Haug nicht überraschend. Spätestens seit der Verpflichtung von Niki Lauda als Aufsichtsrats-Chef war Haug ohnehin nur noch ein Chef auf Abruf. Haug hat große Verdienste. Er war es, der Mercedes Anfang der 90er in die Königsklasse des Motorsports zurückführte. Er holte DTM- und Formel-1-Titel. Doch in den letzten drei Jahren ging fast alles daneben. Nach Michael Schumacher trennt sich Mercedes nun auch von seinem zweiten Aushängeschild. Vieles spricht dafür, dass es der letzte Versuch ist, das Steuer herumzureißen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort