Hat der Hamburger SV den Abstieg verdient?

Hamburg · Der HSV gilt als unabsteigbar – doch viele wünschen dem Bundesliga-Gründungsmitglied den Gang in Liga zwei. Aber was wäre dann?

Mit dem Ruf "Niemals 2. Liga" machen sich die treuen HSV-Fans im Volksparkstadion derzeit selbst Mut. Vieles deutet aber darauf hin, dass die Stadionuhr des Hamburger SV am Ende der 53. Bundesliga-Saison stehen bleiben könnte. Und es werden immer mehr, die den Norddeutschen den Gang in das Unterhaus des Profi-Fußballs wünschen. Zu viele Millionen Euro habe der Traditionsclub in den vergangenen Jahren für Großverdiener in kurzen Hosen, für Sportchefs und Trainer ausgegeben. Wie 2014 und 2015 droht die Relegation gegen den Zweitliga-Dritten - was spricht für, was gegen einen Abstieg des Liga-Dinos HSV?

PRO ABSTIEG: Nicht nur St.-Pauli-Fans wünschen dem Verein von Legende Uwe Seeler, dass er nicht erneut davonkommt. "Die Hamburger waren vor vielen Jahren mal meine Lieblingsmannschaft, aber diesmal wünsche ich ihnen den Abstieg. Wer sich so ergibt wie beim 0:4 in Augsburg, der hat die Bundesliga einfach nicht mehr verdient", sagte Ex-Trainer Eduard Geyer kürzlich.

Kritiker führen an, dass der Bundesliga-Etat von mehr als 50 Millionen Euro seit Jahren trotz ständiger Sparankündigungen zu hoch ist. Auch die Ausgliederung der Fußball-AG habe nichts gebracht - Investoren blieben Mangelware. Ein Neuanfang müsste bescheidener ausfallen. Zumindest Großverdiener wie René Adler und Pierre-Michel Lasogga dürften dann schnell weg sein. Mit dem Spiel am Samstag beim FC Schalke 04 und der letzten Heimpartie gegen den VfL Wolfsburg steuert der HSV mit seinen bisher 34 Punkten und einem katastrophalen Torverhältnis auf die erneute Relegation zu. In der Partie bei Schalke 04 fehlt HSV-Abwehrchef Mergim Mavraj wegen einer Gelbsperre. Johan Djourou als möglicher Ersatz bleibt suspendiert. Ein Fehler von Markus Gisdol? Der Trainer wollte ein Zeichen setzen. Nach außen wirkte es aber übertrieben - und könnte sich rächen. Andererseits blieb er auch in der Not konsequent.

CONTRA ABSTIEG: Die Erfahrung, den Abstiegskampf zuvor schon mit weit schlechteren Kadern bestanden zu haben, spricht für den HSV. Die Spieler müssen erneut die Nerven behalten, damit der finanziell angeschlagene Traditionsclub sich auf Dauer konsolidieren kann. Denn ohne die üppigen TV-Gelder würde im Unterhaus eine schwere Zeit drohen.

Wahrscheinlich ist, dass der Verein sich so oder so erneut bei Mäzen Klaus-Michael Kühne Geld besorgt und so verstärkt, dass er nicht erneut in Abstiegsgefahr gerät. Oder im Fall des Abstiegs die Chance hat, gleich wieder aufzusteigen. Allerdings: Eine Selbstreinigung mit dem Aufbau junger Spieler sieht anders aus. Und nicht nur Mentaltrainer Olaf Kortmann warnt: "Es ist ein Irrglaube zu denken, wenn eine Mannschaft absteigt, dass sie sich konsolidieren kann. Das kann vielleicht in einer Kleinstadt passieren, aber nicht in einer großen Stadt wie Hamburg. Der HSV hat so viele Schulden, dass er die in der 2. Liga niemals abtragen könnte."

Ein Abstieg hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit verheerende Folgen, nicht nur für den Verein. Auch für die Stadt wäre es ein herber Imageverlust. Kein Wunder, dass HSV-Sportdirektor Jens Todt grundsätzlich gegen die Relegation zwischen dem Drittletzten der Fußball-Bundesliga und dem Dritten der 2. Liga ist. "Natürlich ist die Relegation für die Fans eine spannende Sache. Aber ich bin generell dafür, sie abzuschaffen", sagte der Ex-Nationalspieler. 2015 war er noch als Manager des Zweitligisten Karlsruher SC knapp am Hamburger SV gescheitert, dem in dieser Saison im Kampf um den Klassenverbleib bereits die dritte Relegation droht. "Wenn man als Zweitligist eine richtig gute Saison spielt und dann so knapp scheitert, ist das extrem bitter", erklärte Todt.

Zum Thema:

Torwart Adler fällt bis Saisonende aus Der Hamburger SV muss in den letzten Saisonspielen gegen Schalke 04 und den VfL Wolfsburg sowie einer möglichen Relegation auf Stammtorwart René Adler verzichten. Sein Heilungsverlauf sei nach einem Rippenbruch zwar gut. Allerdings brauche der Knochen noch einige Wochen, bis er wieder vollständig zusammengewachsen sei. Da Adlers Vertrag am Saisonende ausläuft, könnte das 0:3 bei Borussia Dortmund am 4. April, bei dem Adler sich verletzt hatte, sein letztes Spiel im HSV-Trikot gewesen sein.

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