Halb Europa jagt den Rasta-Mann

Fortaleza · Brasilien muss im heutigen Viertelfinale gegen Kolumbien nicht nur auf Überflieger James Rodríguez aufpassen, sondern auch auf Juan Cuadrado. Der beste Vorbereiter der WM wird von halb Europa gejagt.

Juan Cuadrado ist einfach ein zu bunter Hund, um wirklich im Schatten von Strahlemann James Rodríguez zu stehen. Der lebensfrohe Kolumbianer mit den frechen Rastazöpfen zieht mit atemberaubenden Tempodribblings und akrobatischen Tanzeinlagen nach Toren bei der Weltmeisterschaft die Blicke auf sich. Vor allem die der Scouts.

Klar, Rodríguez ist mit seinen fünf WM-Treffern derjenige, um den sich nach den Spielen der "Cafeteros" alle drängen. Doch die Topclubs reißen sich auch um den viermaligen Torvorbereiter Cuadrado (ein Tor). Die Liste der Interessenten für den Außenstürmer liest sich wie das "Who is Who" im Weltfußball: FC Barcelona , Manchester United , FC Liverpool , Arsenal London - und Bayern München. Der deutsche Meister soll italienischen Medienberichten zufolge dem AC Florenz sogar schon ein erstes Angebot unterbreitet haben, das aber noch weit entfernt von der 40-Millionen-Euro-Schmerzgrenze liegen soll.

Fakt ist, dass Cuadrado ein Spieler ganz nach dem Geschmack von Pep Guardiola ist: schnell, flexibel, enorm dribbelstark, mannschaftsdienlich. Äußerlich kommt er der Bedeutung seines Namens ("Quadrat, Viereck") überhaupt nicht nahe. Der Schlaks wiegt nur etwa 66 Kilo verteilt auf 176 Zentimeter und erinnert von der Statur her eher an Thomas Müller .

Kolumbiens Nationaltrainer José Pekerman ist sich dennoch sicher: "Er ist bereit für einen großen Club." Der frühere Hoffenheimer Bundesligaprofi Marvin Compper kennt Cuadrado ganz genau, beide spielen gemeinsam in Florenz . Der WM-Star sei ein "exzellenter Offensivspieler, der auch in der Defensive mitarbeitet", sagt Compper: "Er kann jede Mannschaft verstärken."

Das trifft natürlich auch auf das Nationalteam zu. Dort sticht "La Vespa", die Wespe, wie Cuadrado in Italien gerufen wird, besonders gern im Zusammenspiel mit Rodríguez zu. "Wenn er spielt, ist alles einfacher. Es ist ein großartiger Spielmacher", sagt Cuadrado.

So unbeschwert wie heute war das Leben des WM-Überfliegers nicht immer gewesen. Im Alter von fünf Jahren verlor er seinen Vater bei einer Schießerei in seiner Heimatstadt Necoclí. Als der verängstigte kleine Juan unter seinem Bett hervorgekrochen kam, fand er seinen Vater leblos am Boden.

Cuadrado kennt die Schattenseiten des Lebens, seinen derzeitigen Platz an der Sonne genießt er daher umso mehr. Sein Vertrag in Florenz läuft noch bis 2017, doch alle Experten gehen davon aus, dass Cuadrado nicht mehr lange Teamkollege des deutschen Nationalspielers Mario Gomez sein wird. Er wolle sich voll auf die WM konzentrieren. "Danach ist Zeit, um über meine Zukunft nachzudenken", sagt Cuadrado. Bei diesen Angeboten, diesen Perspektiven dürfte das auch nicht allzu schwer fallen.

saarbruecker-zeitung.de/

wm2014

James Rodríguez ist der Star dieser WM. Der Kolumbianer hat sogar Brasiliens Superstar Neymar in den Schatten gestellt. Und er schickt sich an, Neymar aus dem Turnier zu befördern. "Wir sind schon weit gekommen", sagt Rodríguez, "aber wir sind noch nicht am Ende unseres Weges angelangt."

Das heutige WM-Viertelfinale zwischen Brasilien und Kolumbien (22 Uhr/ARD ) in Fortaleza dürfte über das Duell der "Zehner" entschieden werden. Die beiden Jungstars machen den Unterschied - Rodríguez bisher noch mehr als Neymar, obwohl der den riesigen Erwartungen nicht nur mit seinen vier Toren vollauf gerecht geworden ist. Neymar ist einen Tick schneller als Rodríguez (Top-Tempo im Turnier: 31,8 km/h zu 30,9) und im Dribbling stärker. Außerdem kommt ihm beim Vereiteln von Gegenstößen eine taktisch andere Rolle zu. Wie gut der Brasilianer sie ausfüllt, zeigt der Wert von 15 Balleroberungen in vier Spielen. Rodríguez kommt nur auf sieben, spielt aber auch etwas weiter hinten als Neymar.

Beide schossen bei der WM 15 Mal aufs Tor, Rodríguez war dabei mit seinen fünf Treffern effektiver. Er bestimmt überdies den Rhythmus seiner Elf und glänzt mit klugen Pässen. 130 brachte er zu seinen Kollegen, deutlich mehr als Neymar (113). Zwei Zuspiele führten zu Toren, Neymar bereitete noch keinen Treffer vor.

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