„Grüß Gott“

München · Pep Guardiola wird in München von rund 30 Kamera-Teams und 250 Journalisten empfangen. Der neue Trainer des FC Bayern präsentiert sich beinahe demütig und mit beachtlichen Deutsch-Kenntnissen.

Pere Guardiola brauchte gestern einen Übersetzer, um seinen Bruder zu verstehen. Unscheinbar mogelte sich Pere in die sechste Reihe des Presseauditoriums der Münchener Allianz-Arena unter die 250 Journalisten, die zur Präsentation von Bayern Münchens neuem Trainer Pep Guardiola gekommen waren. Pere, der als Berater den Arbeitsvertrag seines Bruders ausgehandelt hat, setzte sich sofort die Kopfhörer für die Simultanübersetzung ins Spanische auf. Er kennt den Ehrgeiz seines Bruders: Er wusste, Pep würde versuchen, alle Fragen deutscher Journalisten auch auf Deutsch zu beantworten.

Wie ein Champions-League-Spiel war die Präsentation des neuen Bayern-Trainers erwartet worden. Es wurde die Pressekonferenz mit dem größten Auflauf in der Geschichte des deutschen Meisters, mit Medien aus vier Kontinenten. Seit sich Pep Guardiola, der umschwärmteste Trainer dieser Zeit, im vergangenen Herbst den Bayern verpflichtete, hatten viele darüber geredet, nur er hatte geschwiegen. So warteten viele Fragen auf Antworten: Was hat er beim FC Bayern vor? Und wie ist sein Deutsch?

Mit weinroter Krawatte und weißem Einstecktuch, den Farben des FC Bayern, erschien Pep Guardiola auf dem Podium. So kennt man ihn: Er pflegt das Detail mit besessener Akribie. "Ähhhh. Guten Tag und Grüß Gott", fing er gleich auf Deutsch an. Bis zum ersten Fehler in der neuen Sprache dauerte es fünf Sätze, als er "die Entschiedung" statt "Entscheidung" sagte. Schnell wurde allerdings auch deutlich, dass Guardiola zwar für einen Deutschanfänger in seinem viermonatigen Crashkurs beeindruckend weit gekommen ist, aber ihm in der neuen Fremdsprache die Flüssigkeit und das Vokabular fehlt, um sich tiefgehend zu erklären. Was für einen Sprachschüler selbstverständlich ist, wird für den angeblich besten Trainer der Welt eine echte Herausforderung: Wie viel seines Charmes und seiner Klasse wird er in den ersten Monaten in München verlieren, weil er sich nicht so konkret ausdrücken kann, wie er will?

"Ich habe die deutschen Antworten auf die wichtigsten Fragen auswendig gelernt", sagte er in seiner typischen entwaffnenden Ehrlichkeit. "Aber wenn ich die Frage nicht kenne, bin ich kaputt." Das Auditorium lachte mitfühlend. Detaillierte Einblicke auf die andere spannende Frage, wie sein FC Bayern aussehen wird, scheiterten allerdings an Guardiolas Deutsch. "Der Fußball gehorcht den Spielern, nicht dem Trainer", sagte er. Diese Sätze hatte er offensichtlich vorbereitet: "Ich muss mich bei Bayern zu 100 Prozent an die Spieler anpassen. Und die Spieler hier sind anders als bei Barcelona." Er werde also nicht das extreme Passspiel einführen, das ihn bei Barça berühmt machte, sondern die Spiellinie fortsetzen und nur in Nuancen variieren, die seine Vorgänger Louis van Gaal und Jupp Heynckes bei Bayern installierten: ein auf Angriff und Pressing ausgerichtetes Spiel, viel über die Flügel, wenn möglich, mit Passkombinationen, aber im Angriffsdrittel meist direkt und vehement.

Auch personell plane er keine größeren Veränderungen, sagte Guardiola. Nationalstürmer Mario Gómez, der über seinen Agenten Wechselwünsche vortrug, wird am Mittwoch zum Trainingsauftakt noch bei Bayern sein, weil sich ein Transfer nach Italien noch nicht konkretisiert hat. "In einer Mannschaft, die gerade alle Titel gewonnen hat, muss man wenig wechseln. Das ist meine Meinung", sagte Guardiola und blickte zu Bayerns Vorsitzendem Karlheinz Rummenigge an seiner Seite. Der demütige Blick zur Seite war eine Grundsatzerklärung: Guardiola ist gekommen, um sich ein- und teilweise sogar unterzuordnen im neuen Verein. Wie viel wird er, der als alles bestimmender Trainer in Barcelona arbeitete, dabei von seiner Stärke verlieren?

In der sechsten Reihe des Presseauditoriums neben Pere Guardiola klickten zu den Dutzenden Fotokameras auch zwei Smartphones. Pep Guardiolas Frau Cristina und seine älteste Tochter María machten Schnappschüsse, sichtlich stolz auf den Vater, der Deutsch sprach. Die Familie werde ihn demnächst nicht mehr viel sehen, kündigte Pep Guardiola an: "Ich werde die ersten sechs Monate an der Säbener Straße leben", auf dem Trainingsgelände. Mit dem Satz schien er tatsächlich angekommen zu sein. Zum ersten Mal klang er auf Deutsch, wie er immer auf Katalanisch geklungen hatte: Ein Mann, der besessen arbeiten und episch sprechen kann. Wenn er die Sprache kann.

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HintergrundMario Götze vom FC Bayern München darf auf den Saisonstart der Bundesliga am 9. August hoffen. "Mario fühlt sich vom Muskel her viel besser", sagte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge gestern. Götze (21) hatte im Mai einen Muskelbündelriss im Oberschenkel erlitten. sid

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