„Grizou“ will zum Deutschland-Schreck werden
Marseille · Antoine Griezmann ist vor dem Halbfinal-Spiel gegen Deutschland der große Hoffnungsträger der Franzosen. Der 25-Jährige, der schon vier EM-Treffer erzielt hat, soll den Gastgeber mit weiteren Toren ins Finale führen.
Wenn die L'Équipe Recht hat, dann schlottern dem Weltmeister schon beim Anblick von "Grizou" die Knie. "Sie haben Angst vor ihm", schrieb die französische Sportzeitung gestern zu einem ganzseitigen Foto von Antoine Griezmann auf der Titelseite. Dass der Torjäger in Jubelpose abgelichtet wurde, hat Symbolcharakter. Der große Hoffnungsträger des EM-Gastgebers soll auch nach dem Halbfinale heute in Marseille gegen Deutschland (21 Uhr/ZDF) feiern.
Dass der Stürmer von Atletico Madrid im Mittelpunkt des Interesses steht, ist nicht verwunderlich. Schließlich sind so viele Geschichten über den 25-Jährigen im Umlauf, dass damit eine ganze Zeitung gefüllt werden könnte. Die französischen Medien haben in den vergangenen Tagen alles, wirklich alles Wissenswerte über Griezmann verbreitet. So war zu erfahren, dass er bei Spielen immer mit Spongebob-Unterwäsche aufläuft - sie soll ihm Glück bringen. Dabei könnte Griezmann auch eine Hose seines großen Vorbilds Zinedine Zidane tragen. Die hat er sich als 16-Jähriger als Souvenir ergattert.
Die Jugend Griezmanns ist sowieso ein Thema für sich. Mit 13 Jahren hatte er sich schon bei einem halben Dutzend französischer Erstligisten präsentiert - doch kein Klub wollte ihn haben. "Es war immer dasselbe. Ständig hieß es, ich wäre zu klein. Kein Verein im Land wollte mich verpflichten", erzählt Griezmann. Zu diesen Klubs gehörte auch Olympique Lyon . "Dass wir ihn nicht verpflichtet haben, war ein historischer Fehler", gestand Lyons Chefscout Gerard Bonneau vor wenigen Tagen ein.
Bonneaus Kollege Eric Olhats hatte ein besseres Auge. Der heutige Berater Griezmanns war vor elf Jahren Spielerbeobachter von Real Sociedad San Sebastian. Er erkannte das Talent des schmächtigen Burschen und nahm Griezmann mit ins Baskenland. Nach einer Woche Probetraining war klar, dass er bleiben darf. Nachdem Griezmann bei Real Sociedad sämtliche Jugendmannschaften durchlaufen hatte, feierte er 2009 sein Debüt bei den Profis. In 202 Spielen gelangen Griezmann 52 Tore, bevor er 2014 für eine Ablöse von 30 Millionen Euro nach Madrid wechselte - damals schon als französischer Nationalspieler, der kurz zuvor seine erste WM-Endrunde gespielt hatte.
Bevor Griezmann für die Équipe tricolore auflaufen durfte, musste er allerdings zunächst Abbitte leisten. Schließlich wurde der nur 1,76 Meter große Angreifer im November 2012 vom französischen Verband FFF für mehr als ein Jahr suspendiert. Griezmann war während eines Trainingslagers mit der U 21 ausgebüxt und hatte sich in einem Nachtclub vergnügt. Doch diese Affäre wurde Griezmann, der für seinen Klubtrainer Diego Simeone zu den "drei besten Stürmern der Welt" zählt, längst verziehen. Mittlerweile gilt er als einer der wertvollsten Spieler Europas - trotz seines verschossenen Elfmeters vor wenigen Wochen im verlorenen Champions-League-Finale gegen Real.
Selbst die Tatsache, dass er nach seinen Treffern auf Spanisch jubelt, ist für die Franzosen kein Thema mehr. Die Hauptsache ist, Griezmann jubelt überhaupt. So wie bei seinen bisherigen vier Toren und zwei Vorlagen bei der EM.