DFB-Präsident in der Kritik Grindel gesteht Fehler ein

Frankfurt · Ein Rücktritt nach der Özil-Affäre ist für den DFB-Präsidenten aber kein Thema.

 DFB-Präsident Reinhard Grindel hat die persönliche Kritik von Mesut Özil getroffen.

DFB-Präsident Reinhard Grindel hat die persönliche Kritik von Mesut Özil getroffen.

Foto: dpa/Axel Heimken

Fehler eingeräumt, Rücktritt ausgeschlossen: DFB-Präsident Reinhard Grindel hat nach Tagen des Schweigens eingestanden, dass dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) die längst außer Kontrolle geratene Rassismus-Debatte um Mesut Özil sehr früh entglitten ist. Persönliche Konsequenzen aus dem Politikum zog der 56-Jährige aber nicht – Grindel will an der Spitze des DFB bleiben.

„Rückblickend hätte ich unmissverständlich sagen sollen, was für mich als Person und für uns alle als Verband selbstverständlich ist: Jegliche Form rassistischer Anfeindungen ist unerträglich, nicht hinnehmbar und nicht tolerierbar“, schrieb Grindel am gestrigen Donnerstag in einer Stellungnahme: „Das galt im Fall Jérôme Boateng, das gilt für Mesut Özil, das gilt auch für alle Spieler an der Basis, die einen Migrationshintergrund haben.“

Die von Özil bei dessen Rücktritt aus der Nationalmannschaft am Sonntag offen geäußerten Anschuldigungen wies Grindel entschieden zurück. Der 29-Jährige hatte in den sozialen Medien zu einem Rundumschlag gegen seine Kritiker, die Medien, ausgewählte Sponsoren und den DFB ausgeholt. Grindel beschimpfte er als inkompetent, unfähig – und rassistisch.

„Ich gebe offen zu, dass mich die persönliche Kritik getroffen hat“, teilte Grindel mit: „Noch mehr tut es mir für meine Kollegen, die vielen Ehrenamtlichen an der Basis und die Mitarbeiter im DFB leid, im Zusammenhang mit Rassismus genannt zu werden. (...) Vielfalt, Solidarität, Antidiskriminierung und Integration, das alles sind Werte und Überzeugungen, die mir sehr am Herzen liegen.“

Deshalb habe der DFB das vor der Weltmeisterschaft in Russland entstandene (Wahlkampf-)Foto von Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan kritisiert. „Ich bedauere es sehr, dass dies für rassistische Parolen missbraucht wurde“, sagte Grindel. Den rassistischen Beschimpfungen gegen Özil und Gündogan – unter anderem beim folgenden Länderspiel – hatte der DFB allerdings zu lange zu wenig Beachtung geschenkt.

Die deshalb selbst aus der Politik laut gewordene Forderung nach einem Rücktritt erwähnte Grindel gar nicht erst. Im Gegenteil sprach er über die Ziele des Verbandes in den kommenden Wochen und Monaten, an denen „gemeinsam“ und „mit großem Engagement“ gearbeitet werde. Der Debatte „über Rassismus im Allgemeinen und die Integrationsfähigkeit des Fußballs“, zu der sich selbst Staatsoberhäupter geäußert haben, werde er sich „nicht entziehen“. Das würde er allerdings auch nicht können.

Am Dienstag hatte sich Erdogan selbst eingeschaltet und auf Özils Seite gestellt, auch weitere türkische Politiker unterstützten den früheren Weltmeister, der seit seiner Stellungnahme schweigend mit dem FC Arsenal in Singapur weilt. Dass die Diskussion – auch vor dem Hintergrund der Vergabe der EM 2024 an Deutschland oder die Türkei – noch längst nicht ausgestanden ist, wird auch Grindel wissen.

Neben der rein sportlichen Analyse des WM-Desasters und dem „gemeinsamen großen Ziel, den Zuschlag für die Ausrichtung der EM 2024 zu bekommen“, werde nun die Aufarbeitung der Integrationsdebatte verfolgt, sagte Grindel. Diese und „der veränderte Resonanzboden für dieses Thema in unserer Gesellschaft“ müsse zum Anlass genommen werden, um „unsere Arbeit in diesem Bereich weiterzuentwickeln und zu fragen, wo und wie wir neue Impulse setzen können“.

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