Deutsches Duo ganz oben Goldige Überraschung im Zweierbob
Pyeongchang · Mariama Jamanka hat noch nie einen Weltcup gewonnen, doch bei Olympia raste sie mit Anschieberin Lisa Buckwitz zu Gold.
Als die Sensation perfekt war, verlor Mariama Jamanka kurz das Gefühl für Raum und Zeit. Noch in ihrem Bob schlug sie die Hände vor den Helm und sank rückwärts in den Schoß ihrer Anschieberin Lisa Buckwitz. „Ich habe die Eins aufleuchten sehen, und in dem Moment war kurz alles weg“, sagte Jamanka. „Das war unwirklich“, ergänzte Buckwitz.
Doch es ist wahr: Deutschland hat wieder eine Bob-Olympiasiegerin, erstmals seit 2006 und überhaupt erst zum zweiten Mal in der Geschichte der Winterspiele. Ausgerechnet Jamanka, die deutsche Nummer zwei ohne einen einzigen Weltcup-Sieg, düpierte in Pyeongchang die jahrelang meist übermächtige internationale Elite. „Ich kann das nicht erklären, das muss vielleicht der Trainer machen“, sagte die 27-Jährige, deren Vater aus Gambia stammt, lachend. Danach fasste Jamanka den nun wichtigsten Plan zusammen: „Sehr lang und sehr hart“ werde sie feiern. Ihren Triumph verstehe sie dann vielleicht irgendwann danach, „wenn ich zu Hause bin und meine Mama sehe“.
Am Ende hatte sie nach vier aufregenden Läufen im Alpensia Sliding Centre 0,07 Sekunden Vorsprung auf Weltmeisterin Elana Meyers Taylor aus den USA. Platz drei ging an die zweimalige Olympiasiegerin Kaillie Humphries aus Kanada (+0,44 Sekunden). Europameisterin Stephanie Schneider verpasste als Vierte mit Anschieberin Annika Drazek Bronze um 0,08 Sekunden, beide vergossen noch lange nach dem Rennen bittere Tränen.
Seit dem zweiten Durchgang schon hatte Jamanka, die ehemalige Diskus- und Hammerwerferin, in Führung gelegen, blendete den Druck der Konkurrenz aber aus. „Sie hat in den vergangenen Jahren schon gezeigt, dass sie eine ruhige Persönlichkeit ist“, sagte Bundestrainer Rene Spies: „Auch hier wirkte sie zwischen den Läufen sehr ruhig, das hat uns ein gutes Gefühl gegeben.“ Bislang hatte nur Sandra Kiriasis vor zwölf Jahren Olympia-Gold für die Frauen gewonnen. Nach dem Triumph von Francesco Friedrich im Zweier am Montag war es nun schon der zweite Sieg für das Team. 2014 in Sotschi waren die Bobfahrer erstmals seit 50 Jahren noch komplett leer ausgegangen. Diese Schmach ist getilgt.
Doch das Rennen in Pyeongchang bot auch eine tragische Geschichte aus deutscher Sicht, und die schrieben Schneider und Drazek. Beide waren als vermeintliches deutsches Top-Duo nach Südkorea gereist, vor allem dank Anschieberin Drazek, die mittlerweile als die Beste ihres Fachs gilt. Doch wenige Tage vor den Rennen nahm das Drama seinen Lauf: Drazek knickte im Training beim Hürdensprint um und erlitt eine Sprunggelenksverletzung, auch Schneider wurde noch am Mittwoch von muskulären Problemen im Rücken geplagt. Die sonst so herausragenden Startzeiten des Duos waren daher nur noch Durchschnitt, und Schneiders Fahrten waren zu fehlerhaft, um dies auszugleichen.
„Das war etwas, wofür wir die letzten vier Jahre hart trainiert haben“, sagte Drazek, noch immer in Tränen aufgelöst: „Und wir hatten uns eine Medaille erhofft, wir haben das von uns erwartet. Sonst würde ich jetzt nicht hier stehen und weinen.“ Die 22-jährige Drazek soll schon in der kommenden Saison selbst an die Lenkseile wechseln. Fürs erste war dieser Blick in die Zukunft für sie allerdings kein großer Trost.