Goldener Sonntag versöhnt

Lymphzellenerkrankung, Tumor in der rechten Schulter, Chemotherapie : Vor vier Jahren schien die Leichtathletik-Karriere von Antje Möldner-Schmidt schon beendet. Jetzt darf sich die 30-Jährige sensationell Europameisterin über 3000 Meter Hindernis nennen.

 Antje Möldner-Schmidt feiert ihre Goldmedaille über 3000 Meter Hindernis. Der Schützling des saarländischen Bundestrainers Werner Klein holte seinen ersten großen internationalen Titel. Fotos: Thissen/dpa

Antje Möldner-Schmidt feiert ihre Goldmedaille über 3000 Meter Hindernis. Der Schützling des saarländischen Bundestrainers Werner Klein holte seinen ersten großen internationalen Titel. Fotos: Thissen/dpa

 Christina Schwanitz hatte über einen halben Meter Vorsprung auf die Konkurrenz.

Christina Schwanitz hatte über einen halben Meter Vorsprung auf die Konkurrenz.

Nach einem packenden Endspurt sicherte sich die deutsche Meisterin aus Cottbus sensationell Gold im großen EM-Finale von Zürich. "Wahnsinn. Das ist unglaublich", sagte Möldner-Schmidt, der bei der Siegerehrung die Tränen in den Augen standen: "Das Publikum war fantastisch. Der Applaus hat mir so viel bedeutet." Es war das erste EM-Gold auf dieser Strecke für die deutschen Frauen.

Die 30 Jahre alte EM-Dritte von 2012, die seit Jahren vom Rehlinger Bundestrainer Werner Klein betreut wird, bewies ihre Kämpferqualitäten und verwies in 9:29,43 Minuten Europas Jahresbeste Charlotta Fougberg (9:30,16 Minuten/Schweden) auf Platz zwei. Bronze gewann die Spanierin Diana Martin (9:30,70).

Möldner-Schmidts Laufbahn schien schon zu Ende, bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte. Bei einem Trainingslager im Januar 2010 hatte sich ihr Leben schlagartig geändert. "Mir hat morgens die Schulter weh getan. Da war ein Knubbel. Als ich daran herumdrückte, ist er geschwollen - auf Ei-Größe", erzählte sie kurz nach Pfingsten der Saarbrücker Zeitung bei einem Vortrag in Merzig. Untersuchungen ergaben die niederschmetternde Diagnose: Lymphdrüsenkrebs. "Meine Welt ist zusammengebrochen", sagte Möldner-Schmidt. Der Tumor in der Schulter wurde entfernt, die Chemotherapie startete sofort. Im Oktober 2010 nahm sie das Training wieder auf.

Schon 2012 meldete sie sich auf der ganz großen Bühne mit Bronze bei der EM in Helsinki zurück und wurde danach noch Siebte bei den Olympischen Spielen in London. Jetzt machte sie mit ihrem Gold-Coup ihr ganz persönliches Märchen perfekt. "Früher habe ich vor dem letzten Wassergraben immer ein wenig abgebremst. Aber diesmal bin ich aggressiv rangegangen", sagte sie: "Ich glaube, dass das der Schlüssel zum Erfolg war."

Dass die Deutschen letztlich noch den Sprung auf den dritten Platz im Medaillenspiegel schafften, lag an Möldner-Schmidt und an Kugelstoßerin Christina Schwanitz. 19,90 Meter - das reichte locker zum EM-Titel für die WM-Zweite vom LV 90 Erzgebirge. "Das war kein Kinderspiel, es war richtig Sport. Aber nach dem zweiten Versuch war abzusehen, dass ich gewinne", erklärte die 28-Jährige nach dem erwarteten Gold mit strahlendem Gesicht. Silber für den DLV steuerte die 4 x 100-Meter-Staffel bei: Julian Reus, Sven Knipphals, Alexander Kosenkow und Lucas Jakubczyk mussten in 38,09 Sekunden nur das britische Quartett (37,93) vorbeiziehen lassen. "Wir haben ein super Rennen gemacht", sagte Reus.

Nichts zusammen lief bei Christian Reif. Der Weitspringer des LC Rehlingen kam nicht über 7,95 Meter heraus, was am Ende den enttäuschenden achten Platz bedeutete. Reif war mit der Vorleistung von 8,49 Metern - die zweitbeste Weite in Europa 2014 - angereist. Auch die beiden Staffeln über 4 x 400 Meter - jeweils Sechste - und das hoch gehandelte deutsche 1500-Meter-Trio gingen leer aus, während der Franzose Mahiedine Mekhissi-Benabbad unter den Pfiffen des Publikums zu Gold stürmte. Der "Buhmann" hatte sich im Endspurt über 3000 Meter Hindernis das Trikot vom Leib gerissen und war disqualifiziert worden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort