Gold im Visier

Florenz · Beim WM-Zeitfahren in Florenz wird heute mit einem Dreikampf zwischen Titelverteidiger Tony Martin, dem viermaligen Weltmeister Fabian Cancellara und Bradley Wiggins gerechnet. Ein Kampf gegen die Uhr dieser Güteklasse hat Seltenheitswert.

Von 79 Startern besetzt er die letzte Position und ist damit hochzufrieden. "Ich bin lieber der Jäger als der Gejagte, dann kann ich das Feld von hinten aufrollen", erklärt ein vor Selbstbewusstsein strotzender Tony Martin, der heute in Florenz zum dritten Mal in Serie Weltmeister im Einzelzeitfahren werden will. Als Titelverteidiger geht Martin um 15.12 Uhr als letzter Fahrer auf die fast schnurgerade Strecke über 57,9 Kilometer. Direkt vor ihm starten seine härtesten Konkurrenten - der viermalige Titelträger Fabian Cancellara aus der Schweiz und der britische Tour-de-France-Sieger von 2012, Bradley Wiggins.

Hochkarätiges Fahrerfeld

Das Spektakel zwischen Montecatini Terme und dem Sportzentrum Nelson Mandela in Florenz erhebt Anspruch auf Einmaligkeit. Noch nie gab es bei einem Zeitfahren in den vergangenen Jahren ein solch hochkarätiges Fahrerfeld. Auch die "zweite Reihe" mit Vize-Weltmeister Tyler Phinney (USA), Richie Porte (Australien) und den beiden weiteren deutschen Startern Patrick Gretsch und Bert Grabsch kann sich sehen lassen.

Die aktuelle Form von Cancellara, der wie Wiggins die Tour de France in diesem Jahr ausgelassen hatte, konnte Martin bei der Vuelta testen. In Tarazona musste der 28-Jährige eine unerwartete Niederlage einstecken. Aber der Dämpfer bei der Spanien-Rundfahrt kam zur rechten Zeit. "So habe ich ganz klar gesehen, dass das kein Selbstläufer in Florenz wird, und habe im Training nochmal was draufgepackt", sagt Martin, der in der Toskana von seiner Mutter und Freunden moralische Unterstützung vor Ort erhält.

Wie ist Wiggins in Form?

Cancellara will jeden Druck vermeiden und stuft den Kampf gegen die Uhr sogar als persönliches Vorbereitungsrennen auf das Straßenrennen zum WM-Abschluss am Sonntag ein. "Ob ich gewinne oder Fünfter werde, ist nicht entscheidend", sagt der Berner.

Die große Unbekannte ist die Form von Bradley Wiggins. Der Brite kämpft um den goldenen Abschluss einer verpatzten Saison und ein wenig auch um seinen Stellenwert im Sky-Team im Schatten des aktuellen Tour-de-France-Siegers Christopher Froome. Wiggins, der Olympiasieger im Zeitfahren, kommt immerhin mit dem frischen Ruhm des Gesamtsiegs der Tour of Britain aus dem englischen Regen ins sonnenüberflutete Florenz.

Als Martin am Sonntag im Mannschaftszeitfahren mit WM-Gold dekoriert worden war ("Rückenwind für Mittwoch"), packte Wiggins auf der Insel gerade seine Koffer für Florenz. Beide treffen erstmals seit London 2012 in einem Zeitfahren aufeinander. Von einer "Revanche" will Martin, der in London Silber gewann, nichts wissen: "Die Olympischen Spiele sind positiv abgehakt. Ich freue mich auf den Kampf mit den beiden." Der Druck des Favoriten scheint ihn also nicht zu stören.

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