Gold für Geisenberger

Krasnaja Poljana · Zwei Tage nach dem Gold für Felix Loch jubeln die deutschen Rodler wieder. Auch Natalie Geisenberger rast zum Olympiasieg. Nur Tatjana Hüfner wollte sich über ihre Silbermedaille nicht freuen.

Nicht einmal zwei Stunden nach der Goldfahrt von Natalie Geisenberger eskalierte der lange schwelende Konflikt mit Rodel-Rivalin Tatjana Hüfner zum offenen Eklat. "Es wurde gerade mir persönlich schwer gemacht und mir wurden viele Steine in den Weg gelegt", klagte Silber-Frau Hüfner gestern nach dem Rennen in der Olympia-Eisrinne in Krasnaja Poljana.

Die Vancouver-Olympiasiegerin warf dem Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) vor, sie im Vergleich zu Geisenberger bewusst benachteiligt zu haben. "Natalie Geisenberger bekommt deutlich mehr Unterstützung", resümierte Hüfner bei der Pressekonferenz.

Prompt war die ganze gute Stimmung dahin. Schon seit Längerem gilt das Verhältnis zwischen den beiden deutschen Top-Rodlerinnen als zerrüttet. Im vergangenen Jahr musste dann Hüfners Trainer André Florschütz nach Unstimmigkeiten mit dem in Berchtesgaden ansässigen Verband gehen - sehr zum Unwillen der viermaligen Weltmeisterin. "Ich habe viel geschluckt", sagte sie gestern. Geisenberger war von den Vorwürfen überrascht: "Da kann ich nicht viel dazu sagen." Nach der Fahrt hatte zunächst noch nichts als Jubel um Geisenberger geherrscht. Innig umarmte die neue Kufenkönigin Bundestrainer Norbert Loch und stürmte mit der Deutschland-Fahne zu ihrem Vater Helmut. "Ich bin gerade einfach ein bisserl sprachlos. Ich wollte in Kurve 17 schon kreischen, das war einfach nur geil. Das kann man dann schon genießen." Die Gratulation von Hüfner fiel indes unterkühlt aus.

Zwei Tage nach dem Coup ihres bayerischen Kollegen Felix Loch war die 26 Jahre alte Geisenberger ihrer Favoritenrolle gerecht geworden. Mit mehr als 1,1 Sekunden Vorsprung auf Hüfner fuhr sie überlegen zu ihrem ersten Olympiasieg. Im rasanten Rodel-Sport eine Ewigkeit - und der größte Vorsprung in einem olympischen Frauen-Rennen seit 50 Jahren.

Hüfner machte als Zweite den deutschen Doppelerfolg perfekt und hat nach Bronze 2006 und Gold 2010 nun den kompletten Medaillensatz beisammen. Dritte wurde die frühere Weltmeisterin Erin Hamlin (USA). Dagegen gingen die hoch gewetteten russischen Frauen um die frühere WM-Zweite Tatiana Iwanowa leer aus. "Ich bin sprachlos, ein Doppelsieg! Das ist einfach grandios, dass die Rodler zum Höhepunkt ihre Leistung so abrufen können", frohlockte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes.

Völlig entspannt präparierte Geisenberger ihren Schlitten vor dem letzten Durchgang: "Ich kann mit dem Druck umgehen. Ich habe ihn mir ja selber gemacht", hatte die Top-Favoritin betont. Und tatsächlich ließ die Miesbacherin vor den Augen ihrer Eltern im selektiven Eiskanal des "Sanki" Sliding Centers nie einen Zweifel an ihrem Sieg aufkommen. "Man kann Natalie zu so einer Saison nur gratulieren. Wir haben selten so einen souveränen Olympiasieg gefeiert", lobte BSD-Sportdirektor Thomas Schwab. Auch Hüfner fand der stark: "Tatjana hat sich aus dem Trainingstief herausgearbeitet. Da ziehe ich den Hut vor."

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