Giganten der letzten Minute

Indianapolis. Als Eli Manning und die New York Giants im Konfettiregen feierten und tanzten, saß Sebastian Vollmer mit hängendem Kopf am Spielfeldrand und starrte ins Leere. Der deutsche Football-Profi der New England Patriots war kurz davor, Geschichte zu schreiben - und wurde brutal aus seinem Traum gerissen

Indianapolis. Als Eli Manning und die New York Giants im Konfettiregen feierten und tanzten, saß Sebastian Vollmer mit hängendem Kopf am Spielfeldrand und starrte ins Leere. Der deutsche Football-Profi der New England Patriots war kurz davor, Geschichte zu schreiben - und wurde brutal aus seinem Traum gerissen. Als erster Deutscher wollte der 27-Jährige den Super Bowl gewinnen, das Finale der amerikanischen Profiliga NFL, und die Vince-Lombardi-Trophäe in den Nachthimmel von Indianapolis stemmen. Aber Manning und Co. machten dem gebürtigen Rheinländer, dem Koloss aus Kaarst, in der Nacht zu Montag in der letzten Spielminute einen Strich durch die Rechnung."Im Moment ist es schwer zu begreifen", meinte Vollmer nach der 17:21 (10:9)-Niederlage vor 68 658 Fans im Lucas Oil Stadium in Indianapolis. 57 Sekunden vor dem Ende ließ sein Team einen Touchdown durch Ahmad Bradshaw bereitwillig zu, um selbst noch genug Zeit für einen entscheidenden Gegenangriff zu haben. Doch die Rechnung ging nicht auf. "Es war ein verrücktes Spiel und eine verrückte Saison", sagte Quarterback Manning nach dem Triumph. Und sein Trainer Tom Coughlin bemerkte: "Es ist so wunderbar, dabei zu sein, wie diese Jungs ihre eigene Geschichte schreiben."

Bei Vollmer hingegen herrschte Tristesse. Nach dem Berliner Uwe von Schamann, der 1983 und 1985 mit den Miami Dolphins im NFL-Finale stand, beide Male aber unterlegen war, wollte er es besser machen. Es sollte aber nicht sein. "An was es lag, werden wir analysieren. Ich glaube, wir haben gut gespielt, aber die Giants offenbar besser", stammelte Vollmer.

In der Tat zeigten die New Yorker Qualitäten, die das Team von Trainer Coughlin während der regulären Saison oftmals vermissen ließ. Die Defensiv-Reihen ließen Patriots-Spielmacher Tom Brady trotz einer starken Leistung seines "Bodyguards" Vollmer nur wenig Luft zum Atmen. Bradys Gegenüber Manning - zum wertvollsten Spieler des Finals gewählt - setzte in den entscheidenden Situationen die Akzente. "Es geht nicht um Einzelpersonen. Es geht um ein Team, das geschlossen zusammensteht", sagte Manning, der seinen berühmten Bruder Peyton mit nun zwei Super-Bowl-Titeln überholt hat und in Indianapolis der strahlende Held des Abends war.

Das erkannte auch Brady an, der den vierten Final-Triumph und damit das Aufschließen zu den NFL-Legenden Joe Montana und Terry Bradshaw vorerst verpasst hat: "Eli hat im letzten Viertel einige Klasse-Pässe gespielt und den Sieg deswegen verdient." Zum Trost gab es ein Küsschen von Ehefrau und Topmodel Gisele Bündchen.

Wie ein "Deja-Blue" musste Vollmer und den Patriots das Wiedersehen mit den Giants in Anspielung auf die Helmfarbe der New Yorker vorgekommen sein. Bereits 2008 war New England den New Yorkern, die sich erst auf den letzten Drücker für die Playoffs qualifiziert hatten, im Finale unterlegen. Sebastian Vollmer wird es verkraften - und kündigte bereits an, beim nächsten Super Bowl im Februar 2013 in New Orleans im US-Bundesstaat Louisiana dabei zu sein - und dann endlich Football-Geschichte zu schreiben. "Man hat jedes Jahr die Chance, dafür spielt man", sagte Vollmer: "Und wir haben ein gutes Team. Ich glaube, dass wir es auch in der neuen Runde schaffen können." dapd

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