Ghana begeistert einen Kontinent

Rustenburg. Längst umhüllte eine tiefschwarze afrikanische Nacht das WM-Stadion in der Provinz Bakofeng, da wurde der ghanaische Mediendirektor handgreiflich. Die Helden des Abends hatten im Bus Platz genommen, nur André Ayew stand noch bei Journalisten und ließ seinem Mitteilungsbedürfnis freien Lauf

Rustenburg. Längst umhüllte eine tiefschwarze afrikanische Nacht das WM-Stadion in der Provinz Bakofeng, da wurde der ghanaische Mediendirektor handgreiflich. Die Helden des Abends hatten im Bus Platz genommen, nur André Ayew stand noch bei Journalisten und ließ seinem Mitteilungsbedürfnis freien Lauf. Seine Ausführungen drehten sich um "Teamgeist", den "großen Glauben an den Trainer" und das "Finale", das Ghana nun erreichen wolle. Gehen wollte der 20-Jährige nicht. Selbst als der der Mediendirektor ihn packte, zog und schob, plauderte der Spieler weiter, bis beide sich kringelten vor Lachen. Es war ein Bild der Leichtigkeit, das die Ghanaer abgaben an diesem denkwürdigen Abend. Die Mannschaft profiliert sich bei dieser WM als Gegenpol zu den anderen afrikanischen Teilnehmern, die unter der Last der Erwartungen verkümmerten. Der 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen die USA bescherte Afrika am Samstag nach den Erfolgen Kameruns 1990 und des Senegal 2002 die dritte Viertelfinalteilnahme der WM-Geschichte. Und auf die Frage, ob das Ziel nun der Titel sei, erwiderte Hans Sarpei: "Ja natürlich." Die Aussage des Leverkusener Verteidigers klingt nicht nach einer überzogenen Erwartungshaltung. Bei Sarpei hört sich die gewagte Ankündigung eher nach jugendlichem Übermut an. Und tatsächlich war die Jugend ein großes Thema bei diesem Sieg. Ghana blüht auf nach der Verjüngungskur, zu der auch die Integration des erneut großartig aufspielenden Kevin-Prince Boateng gehört. Gegen die USA erzielte der Mittelfeldspieler sein erstes Tor für die neue Nationalelf, bevor er nach 78 Minuten mit einer Muskelverletzung ausgetauscht werden musste. Boateng ist so etwas wie der heimliche Anführer Ghanas geworden, doch statt wie viele andere afrikanische Mannschaften einem Star zu folgen, lautet das von Trainer Milovan Rajevac formulierte Credo: "Für uns sind Individualisten nicht wichtig, bei uns dreht sich alles um den Teamgeist." In der starken ersten Hälfte gegen die USA waren ständig alle ghanaischen Spieler in Bewegung, kein Geltungsdrang, keine Eitelkeiten störten das Spiel. Zwar sagte Asamoah Gyan, der Torschütze zum 2:1 (93. Minute), "Gott war unser bester Spieler", doch das war falsche Bescheidenheit. Es war das Beste, was afrikanische Mannschaften bei dieser WM zu bieten hatten, und auch diese kontinentale Frage ist ja irgendwie wichtig. "Wir haben für Afrika und für Ghana gekämpft", sagte Ayew. Dann endlich verschwand auch er in der Nacht von Rustenburg.

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