Leichtathletik Gefordert im Mekka des Mehrkampfs

Götzis · Deutsche Topathleten Schäfer und Freimuth steigen in die Saison ein. Auch Saarländer Wieland greift EM-Norm an.

 Carolin Schäfer bejubelte vor einem Jahr in London den Gewinn der WM-Silbermedaille im Siebenkampf.

Carolin Schäfer bejubelte vor einem Jahr in London den Gewinn der WM-Silbermedaille im Siebenkampf.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Selfies, Autogramme, Interviews: Als Vize-Weltmeisterin muss sich Siebenkämpferin Carolin Schäfer ganz schön ins Zeug legen, wenn sie bei Leichtathletik-Veranstaltungen auftritt. „Meine Popularität hat spürbar zugenommen seit der WM-Medaille“, sagt die 26-Jährige aus Frankfurt. Rico Freimuth und Kai Kazmirek, 2017 in London mit Silber und Bronze im Zehnkampf dekoriert, geht es nicht viel anders. Die drei deutschen Weltklasse-Mehrkämpfer steigen an diesem Wochenende im österreichischen Götzis in die Saison ein – und gelten bei der Heim-EM im August in Berlin als große Medaillen-Hoffnungen.

Bei der 44. Auflage des Traditions-Meetings in Österreich will das Trio die EM-Qualifikation klar machen. Eine zweite Möglichkeit wäre noch das Sportfest in Ratingen am 16./17. Juni. Die geforderte Punktzahl – 8000 bei den Männern, 6000 bei den Frauen – dürfte nicht das Problem sein. Doch einen Mehrkampf über zwei Tage müssen Schäfer, Freimuth und Kazmirek erst einmal ohne Ausrutscher und Blessuren durchstehen.

Schäfer wird sich vor allem an Olympiasiegerin und Weltmeisterin Nafissatou Thiam aus Belgien messen lassen müssen, die im Vorjahr mit dem Meeting-Rekord von 7013 Punkten glänzte. Schäfer kam damals auf 6836 Zähler und fiebert jetzt schon der EM entgegen: „Die Unterstützung des heimischen Publikums bringt noch einmal fünf Prozent an Leistung.“ Bundestrainer Wolfgang Kühne bremst die Erwartungen für Götzis ein wenig: „In Topform muss sie erst im August sein.“

Das gelte auch für Freimuth, dessen Heimtrainer beim SV Halle ebenfalls Kühne ist: „So ein Jahr wie 2017 kann man nicht einfach wiederholen.“ Freimuth möchte „etwa 8300 Punkte erreichen und damit die EM-Norm knacken – dann will ich mich im Saisonverlauf immer weiter steigern“. Der 30-Jährige mit der Bestmarke von 8663 Zählern hatte sich in diesem Jahr länger mit Rückenproblemen herumgeplagt. Da Weltmeister Kevin Mayer in Götzis fehlt, gelten Kazmirek und der kanadische Olympia-Dritte Damian Warner als seine größten Konkurrenten.

Zehnkampf-Bundestrainer Rainer Pottel bescheinigt Kazmirek eine „sehr kontinuierliche Vorbereitung“. Der 27-Jährige gilt als Mann der Konstanz mit einer Bestleistung von 8580 Punkten und hatte 2015 in Österreich gewonnen. Bei der Hallen-WM im März war Kazmirek Vierter geworden. „Seit Birmingham hat sich eigentlich nicht viel verändert, wir haben nur an der Schnelligkeit gearbeitet. Ich bin gespannt, ob das klappt. Man weiß nie wirklich, was kommt“, sagt er. Nach der Trennung von Jörg Roos wird der Olympia-Vierte nun von Pottel betreut.

Freimuth und Kazmirek können sich jedenfalls nicht auf ihren Erfolgen ausruhen. Mit dem aufstrebenden U20-Weltmeister Niklas Kaul und WM-Teilnehmer Mathias Brugger kämpfen weitere Asse um ein EM-Ticket. Und dann ist da noch der Saarländer Luca Wieland, der nach seiner Rückkehr aus den USA seinen Verein LAZ Saar 05 verlassen und sich im vergangenen Herbst dem SV Halle und der Trainingsgruppe von Freimuth angeschlossen hat. Der 24-Jährige aus Holz hatte 2017 die WM-Norm für London zwei Mal geschafft (Bestleistung 8201 Punkte) – aber bei College-Wettkämpfen in den USA, die nicht vom Deutschen Leichtathletik-Verband anerkannt wurden. Nun kann Wieland zeigen, was er kann – wobei Trainer Kühne zurückhaltend ist, nachdem Wieland im letzten Trainingslager in Monte Gordo in Portugal mit körperlichen Beschwerden zu kämpfen hatte: „Lassen wir uns überraschen.“

 Luca Wieland startet erstmals beim Meeting in Götzis.

Luca Wieland startet erstmals beim Meeting in Götzis.

Foto: Wieck/Thomas Wieck
 Louisa Grauvogel beobachtet die Ergebnisse aus der Ferne.

Louisa Grauvogel beobachtet die Ergebnisse aus der Ferne.

Foto: Thomas Wieck

Zwei deutsche Zehnkämpfer haben die EM-Norm in diesem Jahr bereits geschafft: Tim Nowak (8037) und Dennis Hutterer (8032). Im Siebenkampf der Frauen hat die Saarländerin Louisa Grauvogel von der LG Saar 70 (6053) vorgelegt. Die 21-Jährige aus Ottweiler studiert in den USA, kam aber extra für den offiziellen Qualifikations-Wettkampf Anfang in Halle nach Deutschland. Sie wird nun aus der Ferne beobachten, welche Athletinnen neben Vize-Weltmeisterin Schäfer nachziehen. In Ratingen, wenn dann die drei EM-Tickets für Zehnkampf und Siebenkampf endgültig vergeben werden, ist Grauvogel am Start. Und Luca Wieland auch.

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