Für jede Mannschaft einen Titel

Köln. Keine halbe Stunde war das DFB-Pokalfinale der Frauen in Köln beendet, da war Nadine Angerer gedanklich bereits ganz weit weg. Die Torhüterin des 1. FFC Frankfurt sinnierte über den Sommer, die WM und die längerfristige Wirkung dieses 2:1-Sieges gegen Turbine Potsdam, der den Frankfurterinnen ihren ersten Titel seit drei Jahren bescherte

 Bei der Übergabe des DFB-Pokals versanken die Frauen des 1. FFC Frankfurt im Konfetti-Glitzerregen. Eine Hand am Pokal hatte auch die Ex-Saarbrückerin Dzsenifer Marozsan (Zweite von links). Foto: dpa

Bei der Übergabe des DFB-Pokals versanken die Frauen des 1. FFC Frankfurt im Konfetti-Glitzerregen. Eine Hand am Pokal hatte auch die Ex-Saarbrückerin Dzsenifer Marozsan (Zweite von links). Foto: dpa

Köln. Keine halbe Stunde war das DFB-Pokalfinale der Frauen in Köln beendet, da war Nadine Angerer gedanklich bereits ganz weit weg. Die Torhüterin des 1. FFC Frankfurt sinnierte über den Sommer, die WM und die längerfristige Wirkung dieses 2:1-Sieges gegen Turbine Potsdam, der den Frankfurterinnen ihren ersten Titel seit drei Jahren bescherte. Der ewige Rivale aus Brandenburg sei "mit vielen Nationalspielerinnen Meister geworden, wir sind Pokalsieger. Und wenn wir alle Titel gewinnen, stärkt das unser Selbstvertrauen vor der WM", sagte Angerer und traf damit den emotionalen Kern dieses Nachmittags.Denn erstaunlicherweise waren auch die Potsdamerinnen nur sehr kurz traurig. Sie hatten gehemmt gespielt, gelähmt, als sei ein weiterer Titel dann doch zu viel des Guten. "Wir haben schlecht gespielt und selbst am Ende zu wenig riskiert", meinte Trainer Bernd Schröder ohne Groll, ohne große Emotion. Noch nicht einmal ein korrektes Tor, das nicht anerkannt wurde, erboste die Mitglieder der Potsdamer Delegation. Vielleicht hatten sie alle gespürt, dass hier einer dieser seltenen Momente vorlag, in denen der Fußball gerecht ist. "Turbine hatte in der Saison mehr Glück, und heute hatten wir mehr Glück", meinte Angerer, deren Mannschaft mit einem Punkt Rückstand Platz zwei in der Meisterschaft belegte. Nun haben die besten Teams der Saison die beiden nationalen Titel höflich aufgeteilt.

Entscheidend für den Sieg waren die vielen Fehler, die sich die Potsdamer Defensive erlaubte. Vor dem 1:0 für Frankfurt klärte Inka Wesely nicht entschlossen genug und ermöglichte Svenja Huths Führungstor (15.), vor dem 2:1 war Bianca Schmidt gedanklich zu langsam, Kerstin Garefrekes stocherte den Ball ins Tor (48.). Potsdam brachte nicht mehr zustande als Yuki Nagasatos Ausgleichstreffer (42.). Ein schönes Spiel ist es nicht gewesen. Das trug natürlich dazu bei, dass die Stimmung nie so richtig Fahrt aufnehmen wollte.

Auch das Rahmenprogramm war eher einfallslos. Analog zur WM wurde versucht, eine lokal eingefärbte Miniaturausgabe des Männervorbildes zu organisieren. Die Siegerehrung wurde mit dem üblichen Glitzerkonfettiregen untermalt, es gab eine Fanmeile mit Sponsorenbühnen, und am Sonntag ließen sich die Hessinnen mit Pokal auf dem Frankfurter Rathausbalkon feiern. Dabei wehren die Frauenfußballfunktionäre sich eigentlich immer gegen den Vergleich mit den Männern, der nur verloren gehen kann. "Ich würde mir ein bisschen weniger Brimborium außenrum wünschen, das kommt uns Spielerinnen nicht zu Gute", meinte die Potsdamer Torhüterin Anna Sarholz, die in Bübingen das Fußball-ABC erlernte.

 Die Potsdamerinnen Babett Peter (links) und Fatmire Bajramaj (rechts) zeigten sich nach dem Spiel enttäuscht. Foto: dpa

Die Potsdamerinnen Babett Peter (links) und Fatmire Bajramaj (rechts) zeigten sich nach dem Spiel enttäuscht. Foto: dpa

Zur ersten Auflage des Finals in Köln 2010 waren noch 26 000 Zuschauer gekommen, diesmal rafften sich nur 20 312 auf. Das ist immer noch eine außergewöhnliche Kulisse für ein Frauenfußballspiel, aber 20 Prozent weniger als 2010. Hannelore Ratzeburg, die für den Frauenfußball zuständige DFB-Vizepräsidentin, suchte die Gründe dafür in der möglichen Angst der Daheimgebliebenen vor Ausschreitungen bei Anti-AKW-Demonstrationen in der Innenstadt. Auch Bundespräsident Christian Wulf lobte höflich die "tolle Stimmung". Doch wer schon einmal ein Heimspiel des 1. FC Köln besucht hat, musste mit dem Gefühl nach Hause gehen, dass es dort erheblich mehr zu erleben gibt. "Wenn vor einer WM bei einer solch attraktiven Paarung weniger Zuschauer kommen als ein Jahr vorher, da ist irgendetwas in Gefahr", meinte Schröder.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort