Für Armstrong wird es teuer

Austin. Es herrscht Funkstille im Internet-Sprachrohr Twitter. Wo Lance Armstrong einst die interaktive Welt im Minutentakt mit Nachrichten versorgt hatte, sind die Einträge seit dem 12. Oktober zum Erliegen gekommen

Austin. Es herrscht Funkstille im Internet-Sprachrohr Twitter. Wo Lance Armstrong einst die interaktive Welt im Minutentakt mit Nachrichten versorgt hatte, sind die Einträge seit dem 12. Oktober zum Erliegen gekommen. Immerhin hat der gefallene Radsport-Held den Hinweis auf seine sieben Triumphe bei der Tour de France nach dem vernichtenden Urteil durch den Radsport-Weltverband UCI von der Seite genommen. Schließlich existiert der Name Lance Armstrong nach der Enttarnung eines der größten Betrüger der Sportgeschichte in den Radsport-Ergebnislisten seit dem 1. August 1998 nicht mehr.

Klagelawine rollt an

Doch es dürfte Armstrong noch weitaus schlimmer treffen. Ihm geht es nun richtig an den Geldbeutel - und das in massiver Form. Dem 41-Jährigen, dessen Vermögen auf über 100 Millionen Dollar geschätzt wird, drohen Geldrückforderungen in zweistelliger Millionenhöhe und Klagen wegen Falschaussagen vor Gericht. Und selbst seine letzte Bastion, die Krebsstiftung Livestrong, könnte mit untergehen.

Armstrongs Entourage an hochkarätigen Anwälten hat in diesen Tagen alle Hände voll zu tun. Nachdem der Weltverband UCI, der mehr als ein Jahrzehnt als treuer Partner von Armstrong aufgetreten war, die lebenslange Sperre und die Aberkennung aller Ergebnisse am Montag bestätigt hat, rollt eine Klagelawine auf den Texaner zu. Insbesondere die Versicherungsgesellschaft SCA Promotions will tätig werden. Dabei geht es um einen Betrag von zwölf Millionen Dollar (knapp 9,2 Millionen Euro). "Wir werden eine formale Forderung nach Rückzahlung der Gelder stellen. Wenn dies nicht erfolgreich ist, werden wir innerhalb von fünf Tagen ein Gerichtsverfahren einleiten", sagte SCA-Anwalt Jeffrey M. Tillotson.

Die Firma hatte Armstrong 2002 eine Prämie von 1,5 Millionen Dollar für den Toursieg ausbezahlt, ein Jahr später wurden für den fünften Triumph bei der Frankreich-Rundfahrt weitere drei Millionen Dollar fällig. Nachdem im Jahr 2004 durch das von David Walsh und Pierre Ballester veröffentlichte Buch "L.A. Confidential" Doping-Anschuldigungen laut wurden, verweigerte SCA die vereinbarte Bonuszahlung von fünf Millionen Dollar für den sechsten Toursieg. Es kam zum Prozess, in dem Armstrong schwor, keine leistungssteigernden Mittel genommen zu haben. SCA verlor und musste inklusive Anwaltsgebühren und Prozesskosten 7,5 Millionen Dollar zahlen.

Auch die britische "Sunday Times" hatte über die dunkle Vergangenheit von Armstrong berichtet und musste nach einer Verleumdungsklage eine Million Dollar zahlen. Es winkt ein schöner Geldsegen für das Blatt.

Doch damit nicht genug. Am Freitag tagt das Management-Komitee der UCI und berät über eine mögliche Rückzahlung der Preisgelder. Allein bei der Tour hat Armstrong 3,9 Millionen Dollar an Preisgelder eingefahren. "Die UCI-Regeln sind klar. Wenn ein Fahrer disqualifiziert wird, muss er die Preisgelder zurückzahlen", sagte Tour-Chef Christian Preudhomme, der sich gegen eine Neuverteilung von Armstrongs Siegen ausspricht. Schließlich weisen die Ex-Rivalen wie Jan Ullrich alles andere als eine weiße Weste auf.

Wird bei Armstrong die Ausgabenseite angesichts der drohenden Klagen stark belastet, kommen die Einnahmen dagegen zum Erliegen. Als einer seiner letzten treuen Sponsoren hat sich nun auch Oakley, ein Sonnenbrillenhersteller, von ihm abgewendet und die Zusammenarbeit sofort beendet. Den gleichen Schritt hatten zuvor schon andere Geldgeber wie der Sportartikelhersteller Nike, die Brauerei Anheuser Busch oder der Fahrradhersteller Trek vollzogen.

Stiftung im Zwielicht

Oakley will Armstrongs Krebsstiftung weiter unterstützen. Gut möglich, dass das Unternehmen diesen Schritt aber überdenkt. Denn bei einem Blick hinter das Gebilde von Livestrong kommen Unklarheiten zum Vorschein. So recherchierte Enthüllungsjournalist Bill Gifford, dass der größte Teil des Umsatzes in 2009 und 2010 in Höhe von 84 Millionen Dollar nicht in die Krebsforschung, sondern in Marketing und PR gegangen ist. Eben um den Namen Armstrong in einem helleren Licht erscheinen zu lassen. dapd

Foto: dpa

"Wenn ein Fahrer disquali-

fiziert wird, muss er die Preisgelder zurückzahlen."

Christian Preudhomme,

Chef der Tour

de France

Hintergrund

Unpassender könnte der Zeitpunkt nicht sein: Heute, inmitten der Diskussionen um Lance Armstrong, fällt im Palais des Congres in Paris der Vorhang zum großen Jubiläum der Tour de France. Die Streckenführung der 100. Auflage der Tour wird präsentiert. Sicher ist bislang nur, dass die Tour de France am 29. Juni auf der Mittelmeerinsel Korsika gestartet und am 21. Juli in Paris enden wird. dapd

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort