U23-EM der Leichtathleten Früher „stinkfaul“, heute EM-Teilnehmer

Saarbrücken · Tobias Blum setzt schon in jungen Jahren voll auf die langen Strecken. Morgen vertritt er Deutschland bei der U23-EM über 10 000 Meter.

 Beim Pfingstsportfest seines LC Rehlingen war Tobias Blum (links) im Finale über 1500 Meter zu sehen. Nun trägt er bei der U23-EM im polnischen Bydgoszcz als einer von 75 Athleten das deutsche Trikot – über 10 000 Meter.

Beim Pfingstsportfest seines LC Rehlingen war Tobias Blum (links) im Finale über 1500 Meter zu sehen. Nun trägt er bei der U23-EM im polnischen Bydgoszcz als einer von 75 Athleten das deutsche Trikot – über 10 000 Meter.

Foto: Ruppenthal

Mit der Ankunft im polnischen Bydgoszcz hat für Tobias Blum gestern ein großes Abenteuer begonnen – das bisher hrößte seiner noch jungen Karriere. Der 22-jährige Leichtathlet vom LC Rehlingen vertritt Deutschland in Polen bei der U23-Europameisterschaft, die von Donnerstag bis Sonntag stattfindet. Und Blum wird nicht viel Zeit haben, sich zu akklimatisieren. Denn bereits morgen am Eröffnungstag geht er um 18.30 Uhr über 10 000 Meter an den Start. Nach drei EM-Teilnahmen und einer bei den Studenten-Weltmeisterschaften – jeweils im Crosslauf – wird dies sein erster Einsatz in der Nationalmannschaft in einer olympischen Einzeldisziplin.

Die Qualifikation schaffte Blum im Mai bei der deutschen Meisterschaft in Bautzen, wo er sich auf 29:32,52 Minuten verbesserte und U23-Vizemeister wurde. „Bautzen und die U23-EM-Norm war bisher mein größter Erfolg, weil ich überhaupt nicht damit gerechnet hatte“, erinnert er sich und strahlt. „Das war schon etwas Besonderes.“ Eigentlich wollte er sich im Halbmarathon für die Universiade, die Weltspiele der Studenten, qualifizieren. Um dieses Ziel zu realisieren und weil er sich langfristig sowieso in Richtung Marathon orientieren möchte, holte sich Tobias Blum im Winter auch Tipps bei Klaus-Peter Justus, dem Vater des ehemaligen Triathlon-Vizeweltmeisters Steffen Justus. Papa Justus war selbst Europameister über 1500 Meter und bei den Olympischen Spielen 1972 in München dabei.

„Es ging darum, neue Ideen fürs Training zu bekommen, vor allem im Bezug auf Umfänge und Geschwindigkeiten“, verrät er. So lief er vier Monate konstant bis zu 160 Kilometer pro Woche, um bei der Halbmarathon-DM unter 65 Minuten zu bleiben. „Dort war ich aber zu verkrampft und wollte es vielleicht zu sehr“, erinnert er sich. Er konnte zwar seinen DM-Titel verteidigen, war in 66:36 Minuten aber langsamer als bei seinem Vorjahreserfolg. „Da war ich schon enttäuscht und habe einige Tage gar nicht trainiert.“ Anschließend reifte der Plan, es über 10 000 Meter mit der U23-EM-Norm zu versuchen.

Um gut vorbereitet für den Saisonhöhepunkt zu sein, hat der aus Dudweiler stammende Blum zuletzt zwölf Mal pro Woche trainiert – immer in Absprache mit seinem Heimtrainer Franz Reinhart. Der war es auch, der ihn für die Leichtathletik entdeckt hatte. „Ich war eigentlich immer stinkfaul“, erinnert sich Blum und muss lachen. „In der vierten Klasse habe ich dann den vierten Platz bei den Schullaufmeisterschaften belegt. Danach habe ich bei Franz Reinhart angefangen.“ Nachdem er anfangs bei der LSG Saarbrücken-Sulzbachtal alle Disziplinen ausprobierte, sammelte er erste Erfolge im Mehrkampf und schaffte es mit 15 Jahren im Achtkampf bis zu den deutschen Meisterschaften. In der Altersklasse U18 konzentrierte er sich mehr und mehr auf die Ausdauerstrecken. Auch hier stellten sich schnell Erfolge ein. Und mit 19 Jahren wurde er Ende 2014 erstmals für die Cross-EM in Bulgarien nominiert.

2016 folgte dann für ein Jahr der Vereinswechsel zur LG Regensburg, allerdings ohne sein gewohntes Umfeld in Saarbrücken vollständig zu verlassen. „Damals noch ohne Bundeskader-Status war die Unterstützung vom Verband hier vor Ort leider nicht optimal. Deshalb wollte ich in einem anderen Verband und Verein Erfahrungen sammeln“, erklärt er den Wechsel. Auch die starken Regensburger Mannschaften seien eine Motivation gewesen. Inzwischen ist er Mitglied im Bundeskader, wohnt an der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken im Haus der Athleten und startet im Trikot des LC Rehlingen. „Die Distanz nach Regensburg war einfach zu groß. Und ich wollte mein HTW-Studium in Wirtschaftsingenieurwesen hier in Saarbrücken beenden“, erklärt Blum.

Mit seiner Bestzeit liegt Tobias Blum im Moment auf Position 14 der europäischen Bestenliste und ist in der Meldeliste für die EM sogar Zwölfter. „Eine Top-Acht-Platzierung wäre daher schon richtig gut“, hofft er auf eine erfolgreiche EM – wohl wissend, dass die Langstrecke im Sommer „auch schnell mal nach hinten losgehen“ kann. Danach will er sich erst einmal eine Woche Urlaub gönnen – und vielleicht auch mal „stinkfaul“ sein. So wie früher.

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