Tour de France Froome und der Kampf gegen vier (plus eins)

Saint-Étienne · Die Tour de France ist so spannend wie seit Jahren nicht mehr. Christopher Froome hat gleich vier Konkurrenten – und eine Gefahr im eigenen Team.

 SZ-Tour-Etappe 16

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Foto: SZ/Astrid Mueller

Die 104. Tour de France wird zu einem Thriller. Titelverteidiger Christopher Froome ist auch wegen der Stärke seines Teams Sky nach wie vor der Favorit, aber insgesamt sechs Fahrer liegen im Gesamtklassement an der Spitze innerhalb von 1:17 Minuten. Die Alpenetappen über den Col du Galibier und auf den Col d‘Izoard versprechen Nervenkitzel, die Tour ist so spannend wie seit Jahren nicht. Froome nimmt ein Polster von 18 Sekunden Vorsprung auf den Italiener Fabio Aru mit, aber auch der französische Hoffnungsträger Romain Bardet, der Kolumbianer Rigoberto Uran, der zähe Ire Daniel Martin und sogar Froomes Edelhelfer Mikel Landa könnten noch ein Wörtchen mitsprechen.

Christopher Froome (1./Großbritannien): Der 32-Jährige gab sich am Ruhetag nahbar, schrieb Autogramme, bevor er zu einer kleinen Trainingsfahrt aufbrach. Der Tour-Regent ist guter Dinge, am Wochenende war er an die Spitze zurückgekehrt. „Meine Rivalen müssen vor dem Zeitfahren einen Vorsprung herausfahren“, sagt er. Der Kampf gegen die Uhr am Samstag in Marseille (22,5 Kilometer) ist neben seiner überragenden Sky-Armada der große Trumpf des dreimaligen Champions. Nur ein dramatischer Einbruch in den Alpen dürfte seinen vierten Gesamtsieg verhindern.

Fabio Aru (2./Italien/18 Sekunden zurück): Als Aru in den Vogesen die erste Bergankunft gewann, ließ ihm Froome Spielraum. Inzwischen hat der Brite gemerkt, dass das keine gute Idee war. Aru entriss dem Titelverteidiger zwischenzeitlich das „Maillot jaune“, war in Rodez aber nicht auf der Höhe des Geschehens. Sein wohl entscheidender Nachteil: Der 27-Jährige hat kein vergleichbar starkes Team an seiner Seite, Astana ist nicht in der Lage, das Rennen zu diktieren. Seine einzige Chance: ein Husarenritt in den Alpen.

Romain Bardet (3./Frankreich/23 Sekunden zurück): Bardet ist der einzige Sieg-Anwärter, der über eine annähernd so fähige Mannschaft verfügt wie Froome mit Sky. AG2R scheint in der Breite dem Rennen gewachsen, am Sonntag im Zentralmassiv zwangen sie die Briten sogar in die Defensive. Bardet trägt die Hoffnungen der Franzosen auf den ersten Tour-Triumph seit 1985 und hat dafür einen maßgeschneiderten Kurs bekommen. Die wenigen Zeitfahrkilometer kaschieren seine große Schwäche. Auch die Fans sind auf seiner Seite: Als es am Sonntag durch die Heimatregion des 26-Jährigen ging, waren Buhrufe gegen Froome vernehmbar.

Rigoberto Uran (4./Kolumbien/29 Sekunden zurück): Kaum jemand spricht über den 30-Jährigen, der die Königsetappe in Chambéry gewann, auf der Richie Porte (Australien) so schwer stürzte. Nur 29 Sekunden fehlen Uran auf Froome. Er ist der Schattenmann im Kreis der Favoriten. „Es wird so eng bleiben, bis einem der K.o.-Schlag gelingt“, meinte Urans Sportdirektor Charles Wegelius. Nicht ausgeschlossen, dass dieser Schlag dem immer wachsamen Uran gelingt. Es wäre die Krönung einer herzergreifenden Geschichte. Mit 14 verlor Uran seinen Vater, verkaufte Lotterie-Lose, um die Familie zu ernähren. Der Radsport führte ihn aus der Armut.

Daniel Martin (5./Irland/1:12 Minuten zurück): Auch Martin aus dem Quick-Step-Team von Marcel Kittel ist noch in Reichweite. Am Sonntag wurde er für seine Angriffslust mit einigen Sekunden belohnt. Und hätte Richie Porte bei seinem Unfall nicht den 30-Jährigen mit zu Boden gerissen, Martin wäre wohl noch näher dran am Gelben Trikot. Aber: Der Ire ist ein leidlicher Zeitfahrer, die Siegchance eher theoretischer Natur. Vor der Tour hatte er eine interessante These. „Es gewinnt am Ende der, der den besten schlechten Tag hat“, sagte Martin.

Mikel Landa (6./Spanien/1:17 Minuten zurück): Er ist vor allem für Froomes Kontrahenten die unbekannte Variable im Spiel. Landa wurde am Sonntag im Zentralmassiv zwar zu seinem Kapitän abkommandiert, als dieser nach einem Hinterrad-Defekt verzweifelt um den Anschluss kämpfte. Damit nahm er seine Rolle als Edelhelfer an. Dennoch bietet der Spanier Sky eine zweite Sieg-Option. Allerdings hat Landa schon den Giro d‘Italia in den Beinen.

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