Radsport Froome macht sich mit seinem Start keine Freunde

Jerusalem · Heute beginnt der 101. Giro d’Italia. Topfavorit ist der Tour-de-France- und Vuelta-Sieger, der unter Dopingverdacht steht.

 Verstecken, abtauchen? Das macht Chris Froome nicht. Trotz eines positiven Dopingtests ist der Brite beim Giro d’Italia am Start.

Verstecken, abtauchen? Das macht Chris Froome nicht. Trotz eines positiven Dopingtests ist der Brite beim Giro d’Italia am Start.

Foto: dpa/Christophe Ena

Ein umstrittener Top-Favorit Chris Froome, der seine Hände in Unschuld wäscht: Der 101. Giro d’Italia sorgt vor seinem Auftakt heute in der israelischen Hauptstadt Jerusalem für Aufregung. Der Brite Froome, der Dominator schlechthin der vergangenen Jahre, steht trotz der seit Monaten schwelenden Affäre um seinen auffälligen Dopingtest an der Startlinie und fühlt sich weiterhin zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Ich habe nichts verkehrt gemacht. Es gibt keinen Grund, warum ich hier nicht fahren sollte“, bekräftigt er.

Der 32 Jahre alte Kapitän des Teams Sky war im September 2017 bei seinem Vuelta-Sieg mit einer weit über dem erlaubten Grenzwert liegenden Konzentration des Asthmamittels Salbutamol aufgefallen. Wann es ein Urteil geben und wie dieses ausfallen wird: unklar. „Ich kann die Frustration verstehen“, sagt Froome, der für seine Giro-Teilnahme heftig kritisiert wird.

Sein vermutlich größter Konkurrent hat einen klaren Standpunkt. „Wenn ich an seiner Stelle wäre, wäre ich nicht hier“, sagt der niederländische Titelverteidiger Tom Dumoulin (Sunweb). Doch die Regularien des Radsport-Weltverbandes UCI legitimieren Froomes Start.

Der Brite will die Italien-Rundfahrt gewinnen und peilt das seltene Double aus Giro und Tour an, das Marco Pantani (1998) als Letzter schaffte. Mit einem Gesamterfolg am 27. Mai nahe des Kolosseums in Rom könnte er die dritte große Rundfahrt in Folge für sich entscheiden. Allerdings droht eine Annullierung des möglichen Giro-Triumphs, sollte Froome noch gesperrt werden. Er sei „als Gedopter gebrandmarkt, komme, was wolle“, sagt der deutsche Profi Tony Martin.

Mit Israel als Austragungsort des Auftakts betritt der Veranstalter Neuland. Erstmals beginnt eine Grand Tour außerhalb Europas, und dann im angespannten politischen Umfeld des Nahen Ostens. „Ich bin dankbar über die Chance, so ein Land kennenzulernen“, sagt Martin, der sich keine großen Sorgen in puncto Sicherheit macht. „Man ist ein bisschen beunruhigt“, räumt Froomes deutscher Helfer Christian Knees ein, er sagt aber auch: „Bis jetzt bin ich positiv beeindruckt.“ Der kanadische Immobilien-Milliardär Sylvan Adams, der seit zwei Jahren in Israel lebt, ist Hauptfinanzier des Giro-Projekts. Mit einem Gesamtbudget von 27 Millionen Euro wird es eine der kostspieligsten Sportveranstaltungen Israels, aber auch die erste weltweit wichtige.

Die insgesamt sieben deutschen Radprofis werden beim Giro, der erstmals seit 2009 in der „Ewigen Stadt“ Rom endet, wohl selten in Erscheinung treten. Knees (37) soll Froome als eine Art Bodyguard auf dem Weg zum Gesamtsieg begleiten. Der junge Max Schachmann (24 Jahre, Team Quick Step-Floors) hat das Potenzial, für eine Überraschung zu sorgen. Tony Martin (Katusha-Alpecin) hofft, endlich seine lange Durststrecke zu beenden. Der letzte große Triumph des 33-Jährigen war der WM-Erfolg 2016 in seiner Paradedisziplin Zeitfahren. „Ich bin immer noch überzeugt von meinem Potenzial. Ich habe 21 Chancen und will mindestens eine nutzen“, sagt der Cottbuser. Der Auftakt heute (12.30 Uhr/Eurosport) kommt ihm entgegen – ein 9,7 Kilometer langes Zeitfahren durch Jerusalem.

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