Flucht vor der Dominanz?

Wolfsburg · Geht er, bleibt er? Nach jedem Spiel wird über Pep Guardiolas Zukunft spekuliert. An der Herausforderung in Deutschland mangele es nicht, sagt der Trainer von Meister Bayern München. Doch die Dominanz beim Pokalsieg beim Titelverteidiger und Vize-Meister VfL Wolfsburg zeigt etwas anderes.

Von Langeweile im deutschen Fußball will Pep Guardiola nichts wissen. "Ich will das nicht hören", sagte der Trainer des FC Bayern München , nachdem der scheinbar letzte potenziell gefährliche deutsche Gegner kapituliert hatte. Sein Kollege Dieter Hecking vom VfL Wolfsburg gab nach dem 1:3 (0:3) am Dienstagabend im DFB-Pokal zu: "Im Moment sind sie zu stark für die Liga." Viel mehr, als es das Ergebnis aussagte, beherrschten die Bayern den Titelverteidiger in dessen Stadion, in dem es in diesem Jahr für sie zwei Niederlagen gegeben hatte. Von den Kräfteverhältnissen beim 4:1-Sieg des VfL im Liga-Spiel im Januar oder dem im Supercup nach Elfmeterschießen vor der Saison ist Fußball-Deutschland aber wieder ein gehöriges Stück entfernt.

"Die Bayern sind weit weg. Heute waren sie aber noch weiter weg, als ich vermutet habe", bekannte Wolfsburgs Sportchef Klaus Allofs , dessen Mannschaft ähnlich chancenlos war wie beim 1:5 in München im September in der Liga. Neben dem Vize-Meister und Pokal-Titelverteidiger VfL hatten die Bayern im Rahmen ihrer zehn Siege in den bisherigen zehn Bundesliga-Partien unter anderem die derzeit zweitbeste deutsche Mannschaft, Borussia Dortmund , mit 5:1 besiegt. Gegner scheint es hierzulande nicht mehr zu geben. "Im Moment ist es sehr schwer, gegen uns zu bestehen", sagte Kapitän Philipp Lahm . Fast scheint es so, als wollten die Spieler ihren Trainer angesichts dessen auslaufenden Vertrages mit Leistungen davon überzeugen, ja nicht vor der mangelnden Herausforderung in Deutschland zu fliehen. "Es ist klar und eindeutig, dass diese Mannschaft dem Trainer folgt", sagte Lahm: "Ich habe ihm mitgeteilt, dass die Mannschaft sehr gerne mit ihm weiter arbeiten würde. Die Mannschaft hofft auf ihn." Dies unterstrich Manuel Neuer : "Wir lernen immer dazu. Er kann uns noch viel beibringen."

In der Tat war Guardiolas Handschrift beim Sieg in Wolfsburg deutlich zu erkennen. Dort, wo er im Januar mit der dominanten Ballbesitztaktik ausgekontert worden war, passte er die Ausrichtung diesmal an. Vor allem in der ersten Halbzeit klebten die Torschützen Douglas Costa (15. Minute) und Thomas Müller (20./34.) an den Außenbahnen und zogen das Spiel auseinander. Zudem attackierten die Bayern sehr früh - und den Ballführenden teils mit vier Mann. "Wir wollten ihnen keinen Platz lassen, keine Zeit zum Denken", erläuterte Guardiola. Der Plan ging auf. Auch wenn Hecking sagte: "Über die erste Halbzeit müssen wir noch reden. So kannst du nicht spielen." So war es wohl doch die Stärke der Bayern und deren Taktik, die den VfL entzauberte.

Wie bei den teilweise beeindruckenden Siegen in der Liga wurde am Dienstag spekuliert, ob die Dominanz und das Fehlen eines nationalen Gegners auf Augenhöhe Guardiola darin bestärken könnte, woanders eine Herausforderung zu suchen. Der Katalane wies dies zurück. Doch Fragen zu seiner Zukunft weicht er Woche für Woche aus. "Es wird immer wieder nachgebohrt. Wir sollten ihm Zeit geben", sagte Müller. Und Sportvorstand Matthias Sammer bekräftigte: "Wir haben vereinbart, das in Ruhe zu handhaben, zu besprechen. Daran halte ich mich. Alles andere ist von den Spielern eine super Botschaft." Eine andere hatten die Bayern-Profis für die Achtelfinal-Auslosung am Sonntag. Wenn es schon keine sportlichen Gegner mehr gibt, möge doch bitte einer für die Münchner Seele her. "Jetzt ein Derby gegen die Löwen", rief Müller beim Gang in die Kabine.

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