„Das ist eine große Aufgabe“

Saarbrücken · Saarbrücken. Das bisherige Aufsichtsratsmitglied Florian Kern ist gestern Abend zum Vizepräsidenten des Fußball-Regionalligisten 1. FC Saarbrücken gewählt worden. SZ-Redakteur Michael Kipp hat mit dem 25-Jährigen gesprochen – über sein neues Amt, sein Verhältnis zu den Fans und seine Ziele.

 Florian Kern trägt den 1. FC Saarbrücken seit gut elf Jahren in seinem Herzen. Jetzt ist er Vizepräsident. Foto: Schlichter

Florian Kern trägt den 1. FC Saarbrücken seit gut elf Jahren in seinem Herzen. Jetzt ist er Vizepräsident. Foto: Schlichter

Foto: Schlichter

Herr Kern, Sie sind 25 Jahre alt und Vizepräsident eines Fußball-Regionalligisten. Sie dürften damit der jüngste Vizepräsident der ersten vier Ligen sein. Haben Sie das mal nachgeprüft?

Florian Kern: Nein, es würde mich aber auch überraschen, wenn es einen gäbe. Das ist sicher eine außergewöhnliche Geschichte, klar.

Wer kam wann das erste Mal auf Sie zu und hat Sie gefragt, ob Sie Vizepräsident werden sollen? Und was ist Ihnen da durch den Kopf gegangen?

Kern: Das war vor etwa zwei Wochen. Da kam Präsident Hartmut Ostermann auf mich zu und hat mir den Vorschlag unterbreitet. Ich war sehr überrascht. Aber er hat es ernst gemeint, daher habe ich ihn auch ernst genommen.

Warum hat Ostermann ausgerechnet Sie gefragt?

Kern: Ich denke, dass er mich in den vergangenen eineinhalb Jahren, in denen ich bereits im Aufsichtsrat gearbeitet habe, kennen gelernt hat. Ich habe meine Meinung vertreten, die immer darauf hinausläuft, den Verein konstruktiv nach vorne zu bringen.

Hat der Aufsichtsrat einstimmig für Ihre Berufung gestimmt?

Kern: Das darf ich nicht sagen, da ich über Diskussionen und Abstimmungen im Aufsichtsrat zur Verschwiegenheit verpflichtet bin.

Sie wurden als Fanvertreter in den Aufsichtsrat gewählt. Als sie Anfang 2015 die Fan- und Förderabteilung einführten, warfen Ihnen ausgerechnet die Fans einen Kuhhandel vor: Sie hätten vom Präsidium die Abteilung bekommen, im Gegenzug hätten Sie im Aufsichtsrat für die Ernennung von Sebastian Pini zum Vizepräsidenten gestimmt. Sie hätten Ihre Stimme sozusagen verkauft, hieß es. Für einen, der in der Fanszene bereits damals keinen guten Stand hatte.

Kern: Diesen Handel gab es nicht. Dass das nicht alle Leute glauben, kann ich mir aber auch selbst zuschreiben. Ich habe die Entstehung der Fan- und Förderabteilung einfach schlecht kommuniziert.

Dennoch haben Sie im Aufsichtsrat offenbar für ihn gestimmt. Damals sagte der inzwischen zurückgetretene Aufsichtsratschef Michael Arnold, dass Pini einstimmig gewählt worden sei.

Kern: Es gab zu dem damaligen Zeitpunkt auch gute Gründe anzunehmen, dass ein Vizepräsident Pini die Fanbelange mehr in den Vordergrund stellt: Was ja genau mein Ansinnen war und ist.

Die Pinigate-Affäre zeichnete sich auch dadurch aus, dass nahezu jeder aus Aufsichtsrat, Präsidium und Fanszene eine Meinung zu diesem Thema hatte, diese kommunizierte und sich positionierte. Pro Pini, contra Pini. Sie hingegen hatten sich bisher mit einer Bewertung der Vorkommnisse stets zurückgehalten. Warum?

Kern: Ich habe meine Meinung intern stets klar und deutlich formuliert. Es bringt dem Verein nichts, wenn ich das über die Medien mache.

Die Pinigate-Affäre hat vor allem eines gezeigt. Das Verhältnis zwischen der Basis sowie Präsidium und Aufsichtsrat ist vorsichtig gesagt: gestört. Jetzt sind Sie Vizepräsident, sicher auch mit der Aufgabe, dieses Verhältnis wieder zu kitten. Dabei müssen Sie wohl zunächst einmal wieder Vertrauen in der Fanszene aufbauen. Kann das gelingen?

Kern: Das ist eine große Aufgabe. Aber ich bin angetreten, um das Verhältnis wieder auf eine gesunde Basis zu führen. Wäre dies aussichtslos, hätte ich die Wahl nicht angenommen.

Entscheidungen im Vorstand fällen nun Sie, Schatzmeister Dieter Weller und Chef Hartmut Ostermann . Sie können allein also keine Entscheidung treffen oder blockieren. Fürchten Sie nicht, dass Sie sich dazwischen zerreiben können?

Kern: Nein. Die Gespräche mit dem Präsidium im Vorfeld waren sehr konstruktiv. Ostermann und Weller haben mir einige Freiheiten eingeräumt, mit Fans verbindlich zu kommunizieren. Ich werde demnächst auch ein Büro auf der Geschäftsstelle beziehen, möglichst oft Sprechstunden anbieten, Fantreffen organisieren, soziale Projekte anstoßen. Wie das alles konkret aussehen wird, kann ich jetzt noch nicht verlässlich sagen. Ich muss mich auch erst mal einarbeiten.

Der Aufsichtsrat ist zerstritten, hat jetzt nur noch fünf statt sieben Mitglieder. Viele haben den Rat bereits aufgefordert, sich zur Neuwahl zu stellen. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Kern: Als Präsidiumsmitglied steht es mir nicht zu, den Aufsichtsrat öffentlich zu kritisieren. Ein Aufsichtsrat sollte sich zumindest in den großen Fragen einig sein. Ist er das nicht, sollte er neu gewählt werden. Spätestens 2016 haben die Mitglieder die Möglichkeit dazu. Solange ist er gewählt.

Die Frage, an der sich auch die Pinigate-Affäre hochhangelte, ist die nach einer Ausgliederung der Profiabteilung. Für viele Experten ein nötiger Weg hin zu professionellen Strukturen, die Profifußball ermöglichen. Für andere ist eine Ausgliederung der Ausverkauf traditioneller Fußball- und Vereinswerte. Wie stehen Sie zur Ausgliederung?

Kern: In dieses Thema werde ich mich sehr intensiv einarbeiten, um mir abschließend eine Meinung zu bilden. Darüber hinaus gibt es ja bereits die Äußerungen von Hartmut Ostermann , die Abteilung auf keinen Fall dieses Jahr und auch nicht ohne Zustimmung der Mitglieder auszugliedern.

Wie stehen Sie zu einem Nachwuchsleistungszentrum?

Kern: Ein wichtiger Bestandteil eines Vereins, der nach oben will. Genauso wichtig ist es aber, dass ein Nachwuchsleistungszentrum auch finanziell für den Verein machbar ist.

Sie kommen aus der Fanszene und wissen nur zu genau, dass die Personalentscheidungen des Präsidiums in den vergangenen Jahren oft für Unruhe sorgten. Allen voran die Personalie Milan Sasic - als Trainer gefeuert und als Sportdirektor durch die Hintertür wieder zurückgekehrt. Das missfällt den Fans . Und Ihnen?

Kern: Mir fällt es schwer, die Vergangenheit zu bewerten, wenn ich nicht die Versionen von allen Seiten gehört habe. Daher werde ich mit Sasic zunächst einmal reden und mir seine Vorstellungen zum Fußball und zum FCS anhören.

Das neue Stadion in Saarbrücken kommt, der Umzug nach Elversberg steht wegen der Baustelle bevor. Wir groß sind die Nachteile, die dem Verein und der Mannschaft dadurch entstehen?

Kern: Welche Nachteile die Mannschaft dadurch hat, müssen Sie Trainer Falko Götz fragen. Für die Fans ist es gewöhnungsbedürftig, dass sie aus ihrer Heimat Ludwigspark rausmüssen. Natürlich ist diese Phase auch für den Verein nicht optimal, aber mit der jetzigen Lösung wurde das Optimale erreicht.

Wie beurteilen Sie die Pläne zum Umbau des Parks?

Kern: Über Umbaupläne haben wir in der Vergangenheit zu viel gesprochen. Wichtig ist, dass die Verantwortlichen die Interessen von Verein und allen Beteiligten ernst nehmen und möglichst umsetzen, um möglichst schnell im umgebauten Ludwigsparkstadion Fußball zu sehen.

Wann wollen Sie auch der jüngste Vizepräsident im bezahlten Fußball sein? Die 3. Liga gehört ja dazu.

Kern (lacht): Am besten bereits 2016.Franz Abel ist neuer Vorsitzender des Aufsichtsrates des Fußball-Regionalligisten 1. FC Saarbrücken . Der Rechtsanwalt aus St. Ingbert wurde gestern Abend in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Präsidium zum Nachfolger des zurückgetretenen Michael Arnold gewählt. Abel kündigte aber bereits gestern Abend nach der Sitzung an, nach Ablauf der Amtsperiode im Herbst 2016 zurücktreten zu wollen. Zum Stellvertreter Abels wurde der ehemalige Bundesliga-Profi Egon Schmitt gewählt. Nach den beiden Wahlen trat Florian Kern von seinem Amt als Aufsichtsratsmitglied zurück. Die verbliebenen fünf Ratsmitglieder wählten ihn im Anschluss zum Vizepräsidenten . Mit Kerns Wahl wolle der Rat in den Dialog mit den Fans treten, teilte der Verein mit. "Jeder, der sich heute in der Opposition sieht", heißt es in der Mitteilung, "habe die Gelegenheit, ein personell und finanziell abgesichertes seriöses Zukunftskonzept für den 1. FC Saarbrücken zu erarbeiten und dieses in der Mitgliederversammlung im Herbst 2016 vorzustellen."

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Zur PersonFlorian Kern ist bereits seit 2004 Fan des 1. FC Saarbrücken . 2008 gründete er mit ein paar Freunden das Fanmagazin Leuchtturm. Der 25-Jährige war Mitglied im FCS-Fanausschuss und aktives Mitglied der Saarbrücker Fanszene. Kern ist ebenfalls Mitglied im Vorstand der Innwurf-Supporters, dem Förderverein der FCS-Fankontaktstelle Innwurf. Seit November 2013 ist er Mitglied des Aufsichtsrates. Im Januar 2015 zeichnete sich Kern dafür verantwortlich, eine Fan- und Förderabteilung als Sparte des Vereins einzuführen. Kern ist auch Sprecher der Abteilung. Daneben ist der angehende Physik- und Mathelehrer als Fußball- und Tischtennis-Schiedsrichter am Ball. Er lebt in Saarbrücken. kip

Rechtsanwalt Abel führt Aufsichtsrat an, Schmitt Stellvertreter


Saarbrücken. Franz Abel ist neuer Vorsitzender des Aufsichtsrates des Fußball-Regionalligisten 1. FC Saarbrücken. Der Rechtsanwalt aus St. Ingbert wurde gestern Abend in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Präsidium zum Nachfolger des zurückgetretenen Michael Arnold gewählt. Abel kündigte aber bereits gestern Abend nach der Sitzung an, nach Ablauf der Amtsperiode im Herbst 2016 zurücktreten zu wollen. Zum Stellvertreter Abels wurde der ehemalige Bundesliga-Profi Egon Schmitt gewählt. Nach den beiden Wahlen trat Florian Kern von seinem Amt als Aufsichtsratsmitglied zurück. Die verbliebenen fünf Ratsmitglieder wählten ihn im Anschluss zum Vizepräsidenten. Mit Kerns Wahl wolle der Rat in den Dialog mit den Fans treten, teilte der Verein mit. "Jeder, der sich heute in der Opposition sieht", heißt es in der Mitteilung, "habe die Gelegenheit, ein personell und finanziell abgesichertes seriöses Zukunftskonzept für den 1. FC Saarbrücken zu erarbeiten und dieses in der Mitgliederversammlung im Herbst 2016 vorzustellen." kip/cor

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