Umbruch beim 1. FC Saarbrücken „Es tut weh“ – Jänicke kritisiert schmerzhaften Abschied vom FCS

Saarbrücken · Der Mittelfeldspieler mit dem Schalk im Nacken, Tobias Jänicke, hatte in seinen sechs Jahren beim 1. FC Saarbrücken eine prägende Rolle. Der Abschied fällt schwer und ist schmerzhaft. Wie es jetzt mit Jänicke weitergeht.

Tobias Jänicke bestritt in sechs Saisons für den 1. FC Saarbrücken 209 Pflichtspiele, schoss dabei 31 Tore und bereitete 36 weitere vor.

Tobias Jänicke bestritt in sechs Saisons für den 1. FC Saarbrücken 209 Pflichtspiele, schoss dabei 31 Tore und bereitete 36 weitere vor.

Foto: Andreas Schlichter

Ehrlichkeit – ein Begriff, der für Fußballprofi Tobias Jänicke von jeher eine große Bedeutung hat. „Es ist wichtig, dass man sich nicht verstellt und sich selbst treu bleibt“, sagt der 34-Jährige, der am vergangenen Samstag nach sechs Jahren beim 1. FC Saarbrücken sein letztes Spiel für den FCS bestritten hat: „Ich fordere von Verantwortlichen immer Ehrlichkeit ein, weil es genau das ist, was man von mir dann auch bekommt.“

FCS macht Jänicke kein Angebot mehr

Jänicke galt immer als meinungsstarker Spieler, aber nie als Lautsprecher. Ein Mensch, der zwar Kante zeigt, aber dadurch nie schmerzhaft kantig ist. „Es ist meine Art, Kritik zu üben, ohne jemandem wehzutun. Wenn man Sachen nicht anspricht, kann man sie nicht verändern. Das ist im Verein wie in der Familie“, sagt der Vater zweier Kinder. Dass ihn das Ende seiner Zeit in der FCS-Familie schmerzt, ist in jedem seiner Sätze spürbar. Dabei ist die Art wohl schwerwiegender als die Tatsache selbst. Jänicke habe vom FCS kein Angebot mehr erhalten, Gespräche über eine weiterführende Zusammenarbeit haben nie statt gefunden.

Dabei hatte der Neubrandenburger sich in der Vergangenheit mehrfach in die Nachwuchsförderung im NLZ des Vereins eingebracht. „Es geht einfach nicht, dass man Spieler so lange hat im Dunkeln tappen lassen – das gilt ja nicht nur für mich, sondern auch für andere. Das war die letzten Jahre nicht so, und darum tut es auch weh. Solche Entscheidungen fallen nicht von heute auf morgen.“

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„Wir sind viereinhalb Jahre einen großartigen Weg gegangen“

Als Jänicke 2017 zum FCS kam, spielte der im Exil im Völklinger Hermann-Neuberger-Stadion mit dem Auftrag: raus aus der Regionalliga. „Wir sind viereinhalb Jahre einen großartigen Weg gegangen. Unter Dirk Lottner und Lukas Kwasniok haben wir zeitweise einen begeisternden Fußball gespielt“, sagt der Mittelfeld-Allrounder, „aber es ist auch klar, dass eine Entwicklung nicht immer geradlinig nach oben gehen kann. Wir haben danach zwar auch gepunktet, aber alles war ein Stück weit pragmatischer.“

In Völklingen erlebte er sein Karriere-Highlight – als erster Regionalligist überhaupt erreichten die Blau-Schwarzen das Halbfinale im DFB-Pokal. „Die Reise dahin war schon ein Traum. Dass ich gegen den 1. FC Köln und Fortuna Düsseldorf dann auch noch getroffen habe, macht das Besondere noch größer. Du stehst nicht nur irgendwo auf der Aufstellung, du hast ein Stück Geschichte mit geschrieben“, sagt Jänicke, „das Halbfinale gegen Bayer Leverkusen corona-bedingt ohne Zuschauer war für die Fans sicher bitterer als für uns als Mannschaft.“

So emotional war sein Abschied vom FCS

Das Team habe in der ganzen Zeit gemeinsam mit den Fans den Verein getragen. Auch darum fiel der Abschied beim Saarlandpokal-Finale am Samstag schwer und wurde tränenreich. „Als ich raus bin zum Aufwärmen, dachte ich: Scheiße, es ist das letzte Mal. Da brachen dann die Dämme. Die Reaktionen, die ich bekommen habe, zeigen, dass ich in den sechs Jahren mit meiner Art nicht so viel falsch gemacht habe“, sagt Jänicke, der die Entscheidung, ins Saarland zu wechseln, nicht bedauert, „eine meiner Stärken ist, zu wissen, was ich kann und was ich nicht kann. Alles hat seinen Grund. Wenn ich vielleicht 200 Zweitliga-Spiele hätte, hätte ich nie das Pokalhalbfinale erreicht.“

Wie es mit Jänicke weitergeht, ist offen. Ein Angebot des FC Homburg liegt vor und ist zumindest aus familiärer Sicht nicht uninteressant. „Mein Sohn ist acht Jahre alt und hat sechs davon im Saarland verbracht. Beide Kinder sind hier zur Schule gekommen. Wir haben als Familie hier sehr viel Gutes erlebt, einen Freundeskreis aufgebaut, der über den Sport hinaus geht. Aber es gibt viele Sachen, die im Gespräch sind und interessant. Es gibt kein Argument, nicht auf hohem Niveau weiter zu spielen.“ Zwei Jahre als Profi will er noch machen - danach im Fußball bleiben. Oder Tierfilmer werden. „Wir wohnen am Wald, und da gibt es Wildschweine. Irgendwann haben meine Frau und ich angefangen, die Tiere zu filmen und das ins Netz zu stellen“, sagt der Profi mit dem Schalk im Nacken, „das kommt gut an – du darfst halt keine Angst haben.“ An Mut und Ehrlichkeit hat es Jänicke aber ja noch nie gemangelt.

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