Straßenrad-WM in Harrogate Die Wasserschlacht von Harrogate

Harrogate · Ex-Trofeo-Sieger Pedersen wird neuer Straßenrad-Weltmeister. Deutsche im Frauenrennen ohne Medaillenchancen.

 Beim Straßenrennen der Männer rund um das englische Harrogate stand das Wasser teilweise zentimeterhoch auf dem Asphalt und sorgte für große Probleme. Viele Mitfavoriten beendeten das Rennen vorzeitig.

Beim Straßenrennen der Männer rund um das englische Harrogate stand das Wasser teilweise zentimeterhoch auf dem Asphalt und sorgte für große Probleme. Viele Mitfavoriten beendeten das Rennen vorzeitig.

Foto: dpa/Yorick Jansens

Pascal Ackermann gab 28 Kilometer vor dem Ziel bei der denkwürdigen Wasserschlacht von Harrogate auf und verschwand direkt unter die Dusche im Bus, John Degenkolb verpasste die entscheidende Gruppe. Als Mads Pedersen, 2013 und 2014 Sieger der saarländischen Junioren-Rundfahrt Trofeo, auf der Parliament Street nach über sechs Stunden Schwerstarbeit sensationell zum WM-Titel stürmte, war die nächste Nullnummer der deutschen Mannschaft bei der Straßenrad-WM in England längst perfekt. Ackermann und Co. spielten auf dem wegen des miserablen Wetters verkürzten Kurs über 261 Kilometer am Sonntag keine Rolle.

Stattdessen krönte sich Außenseiter Pedersen zum Nachfolger des spanischen Altstars Alejandro Valverde, der im Vorjahr bei der WM in Innsbruck alle überrascht hatte und diesmal wie viele andere vorzeitig ausstieg. Der 23 Jahre alte Däne schlug erst auf den letzten Metern den Italiener Matteo Trentin sowie Stefan Küng aus der Schweiz.

Von einem solchen Erfolg können die Deutschen nur träumen. Für das Team des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) war es eine ernüchternde WM in Harrogate. Seit 2016 gab es nun zum dritten Mal in Serie bei den Frauen und Männern keine Medaille in den olympischen Disziplinen. Zehn Monate vor den Sommerspielen in Tokio sind die Aussichten alles andere als rosig. Allerdings machten dem BDR auch Ausfälle zu schaffen: Hoffnungsträger Maximilian Schachmann, der sich nach seinen Handbrüchen bei der Tour auch noch eine Grippe eingefangen hatte, musste passen. Tony Martin als alternder Zeitfahr-Rekordchampion war nach seinem Vuelta-Sturz angeschlagen angereist und kam in seiner Spezialdisziplin nicht über Rang neun hinaus.

Beim Schlussakt wurde das Rennen ab etwa 100 Kilometer vor dem Ziel im peitschenden Regen zu einem Ausscheidungsfahren. Nicht nur Roglic und Valverde, sondern auch der gestürzte belgische Mitfavorit Philippe Gilbert und Youngster Remco Evenepoel stiegen vorzeitig aus. Der BDR hatte mangels Alternativen auf einen eher unwahrscheinlichen Massensprint gehofft und auf Ackermann gesetzt. Der 25 Jahre alte Südpfälzer hielt gemeinsam mit Degenkolb und Nils Politt auch lange im Peloton mit, doch rund 40 Kilometer vor dem Ziel wurde das Tempo auf dem hügeligen Profil zu hoch. „Es war richtig hart. Dann hatte ich noch einen Plattfuß, das hat mir die Körner gezogen“, sagte Ackermann.

Einmal mehr spielte das schlechte Wetter eine große Rolle. Teile des Kurses standen unter Wasser. Die Fahrer kämpften sich durch tiefe Pfützen, das Fernsehbild fiel bei Dauerregen, Wind und 10 Grad zeitweise komplett aus. „Das ist ein echtes Männerrennen“, kommentierte der erschöpfte Marcus Burghardt, nachdem er vorzeitig ausstieg.

Die Frauen hatten am Samstag besseres Wetter angetroffen. Dabei sorgte Annemiek van Vleuten für einen denkwürdigen Auftritt. Nach einer 105 Kilometer langen Alleinfahrt holte sich die Niederländerin mit über zwei Minuten Vorsprung den WM-Titel. Für die 36-Jährige war es der erste Sieg bei einem großen Rennen im Nationaltrikot, nachdem sie bei den Olympischen Spielen in Rio in Führung liegend fürchterlich gestürzt war. Beste Deutsche war Lisa Brennauer (Durach) mit über fünf Minuten Rückstand auf Platz neun, die Völklingerin Lisa Klein kam mit knapp sieben Minuten Rückstand auf Platz 49 ins Ziel. Ihr fünfter Platz im Einzelzeitfahren war das beste deutsche Ergebnis in Harrogate.