"Es ist wirklich fantastisch, was hier geschehen ist"

Kapstadt. Noch ein letztes Mal Weltmeisterschafts-Karneval auf den Straßen in Kapstadt: Zigtausende Anhänger der Niederlande in "Oranje", schmetternde Kapellen, schrill kostümierte Fußball-Fans, wirbelnde Tanz-Gruppen, Fantasie-Gestalten auf hohen Stelzen

Kapstadt. Noch ein letztes Mal Weltmeisterschafts-Karneval auf den Straßen in Kapstadt: Zigtausende Anhänger der Niederlande in "Oranje", schmetternde Kapellen, schrill kostümierte Fußball-Fans, wirbelnde Tanz-Gruppen, Fantasie-Gestalten auf hohen Stelzen. Dazu dröhnende, nervige Vuvuzelas, auf den Promenaden Zehntausende drängelnder, amüsierter, begeisterter, staunender Zaungäste des WM-Spektakels. Vorbei. Das Halbfinal-Spiel der Holländer gegen Uruguay (3:2) im wunderschönen Stadion in Kapstadt setzte am vergangenen Dienstagabend den Schlusspunkt "ihrer WM". Wie zuvor in Nelspruit, Polokwane oder Bloemfontein: Den Einheimischen bleibt jetzt nur noch das "Public Viewing" in den Fanparks oder den teilweise verwegen grell geschmückten Innenstädten. Die große WM-Karawane der ausländischen Fans, der Medienschaffenden und der Nationalmannschaften kehrt nicht mehr wieder.Faszination der Mega-Party"Ich bin so traurig, so traurig, ich könnte weinen", sagt gequält lächelnd Rianna Geldenhuys, eine junge WM-Helferin im Medienzentrum Kapstadts. "So lange haben wir darauf gewartet, wollten es fühlen. Dann war es da, wir konnten es wirklich fühlen, und jetzt, jetzt ist es vorbei." Die Augen des bildhübschen Mädchens schimmern bei diesen Worten verdächtig.Aber auch viele Südafrikaner, die dem ganzen Rummel zunächst eher skeptisch gegenüberstanden, haben sich der Faszination der Mega-Party nicht entziehen können. "Es ist wirklich fantastisch, was hier geschehen ist, so etwas tolles habe ich noch nie erlebt", schwärmt die Juristin Elsie Steyn. "Unser Leben hat sich verändert. Nichts wird mehr so sein wie es war", sagt Debbie Damant, Mitarbeiterin der Stadt Kapstadt. Südafrikaner aller Rassen hätten zusammen gefeiert wie nie zuvor. "Die Menschen sind sich mit mehr Respekt und mehr Offenheit begegnet", sagt die junge Frau, die in Südafrika als "Farbige" gelten würde. Nicht nur die Bürger haben es genossen, für fast vier Wochen "ein Teil dieser großartigen Veranstaltung zu sein", wie Geldenhuys erklärte, auch die Geschäftswelt kam auf ihre Kosten. Der Umsatz mancher Restaurants, Bars und Kneipen in der Innenstadt und am Stadion in Kapstadt habe sich im Vergleich zu normalen Zeiten verdreifacht, berichtet die Zeitung "Cape Times".Vornehme Unterkünfte leer Enttäuscht waren nur Besitzer von vielen Luxus-Appartements, vornehmen Gästehäusern und Fünf-Sterne-Hotels: Der Ansturm von Horden reicher WM-Fans, die wochenlang in Kapstadt residieren wollten, blieb aus. "Langfristig wird die WM sicher Touristen anlocken", tröstet sich einer der enttäuschten Hotel-Manager. Taxifahrer dagegen frohlockten. "Ich habe in den vergangenen drei Wochen mehr Geld gemacht, als sonst in vier Monaten", berichtet Max Mjoli. Er könne es kaum erwarten, "bis die Olympischen Spiele nach Südafrika kommen". Das ist aber noch lange nicht sicher.Südafrika würde am liebsten immer den Ausnahmezustand einer Mega-Veranstaltung genießen. Jetzt aber steht erst einmal leise Trauer an.

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