„Es hat was von Europapokal”

Braunschweig · Zweitligist Braunschweig fühlt sich in der Rolle des Außenseiters in den Duellen gegen Bundesligist VfL Wolfsburg pudelwohl.

 Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht sieht seine Eintracht gegen den VfL Wolfsburg nicht chancenlos. Foto: Steffen/dpa

Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht sieht seine Eintracht gegen den VfL Wolfsburg nicht chancenlos. Foto: Steffen/dpa

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(sid) Torsten Lieberknecht zwinkerte einmal kurz, dann flog sein blau-gelber Fehdehandschuh 25 Kilometer weit von Braunschweig nach Wolfsburg - in verbaler Form. "Wir haben uns für Normalität entschieden", sagte der Eintracht-Trainer und setzte damit vor dem ersten von zwei Relegationsspielen am Himmelfahrtstag (20.30 Uhr/Sky und ARD) beim Bundesliga-16. einen punktgenauen Nadelstich.

Denn für die Wölfe sind die beiden K.o.-Partien gegen den zweitklassigen Nachbarn alles andere als normal. Und um dem unerwünschten Trubel zu entgehen, haben sich die Gastgeber für einen Kurztrip in die Niederlande abgesetzt. "In anderer Umgebung fällt es etwas leichter, das Drumherum auszublenden", sagte Sportdirektor Olaf Rebbe zur Begründung.

Seine Schützlinge indes, so glaubt Lieberknecht, haben eine solch kurzfristige Maßnahme nicht nötig: "Er gibt genügend schöne und ruhige Plätze in Braunschweig." Beispielsweise die eigenen vier Wände, in denen sich Kapitän Ken Reichel gern beim Spielen mit seinem Sohn vom bevorstehenden Derby ablenkt. "Entspannt angespannt, obwohl es ja was von Europapokal hat", so geht laut Lieberknecht der Außenseiter die beiden Partien Richtung Bundesliga-Aufstieg an. Internationale Erfahrung, größere spielerische Klasse - das alles spricht für den VfL. "Das ist ein Kräftevergleich, der eigentlich im Bereich des Unmöglichen zu liegen scheint", sagte Lieberknecht.

Das Momentum und die mannschaftliche Geschlossenheit spricht dagegen eher für den Zweitliga-Dritten. Daraus speisen sich auch die Hoffnungen der Gäste, dem Nachbarn die ohnehin völlig verkorkste Spielzeit komplett zu versauen und selbst in Liga eins zurückzukehren. Kapitän Reichel sagte: "Wir haben Respekt, das gehört sich so. Aber wir wollen uns auch für eine sehr gute Saison mit 66 Punkten belohnen." Torjäger Domi Kumbela sagte: "Der VfL hat viel Geld und große Stars, wir haben unsere Mittel."

Von mentalen Defiziten im Vergleich zur Eintracht will man indes am Mittellandkanal nichts wissen. "Der Trainer und ich nehmen unsere Mannschaft komplett fokussiert war", beteuerte Rebbe. So sieht man es auch bei den Wett anbietern, die Wolfsburg favorisieren - am Donnerstag und auch im Rückspiel am 29. Mai (20.30 Uhr/Sky und ARD) im Eintracht-Stadion. "Für uns ist die Relegation nun eine Art Rettungs-Fallschirm. Es ist die Chance, eine schlechte Saison versöhnlich zu beenden", sagte Rebbe und geht von einer erfolgreichen Relegation aus. "Mit Verlaub, wir sind der Erstligist", betonte der 39 Jahre alte Nachfolger von Klaus Allofs klipp und klar. Natürlich werde man genau analysieren, warum man seit dem Pokalsieg und der Vizemeisterschaft 2015 die Ziele immer klar verfehlt habe. "Da werden wir jeden Stein umdrehen und dort, wo es nötig ist, den Hebel ansetzen", kündigte Rebbe an.

Bei beiden Partien ist die Polizei mit Blick auf Fan-Rivalitäten in Alarmbereitschaft, ein regelrechter Ausnahmezustand wie zwischen den Eintracht-Anhängern und den Fans von Hannover 96 ist indes nicht zu erwarten. Dennoch sind blau-gelbe Fantrikots für die Braunschweiger Anhänger beim Hinspiel nur im Gästeblock zugelassen. In einem gemeinsamen Appell mahnten denn auch Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs und sein Braunschweiger Amtskollege Ulrich Markuth am Dienstag zu Fairness auf den Stadiontribünen. "Wir wünschen uns zwei hochklassige und friedliche Fußballfeste. Klar ist auch: Fußball ist nur ein Spiel", heißt es in der Erklärung.

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Die Sieger der Relegation seit 2009 Die Relegationsspiele zwischen dem Drittletzten der Bundesliga und dem Dritten der 2. Liga wurde 2009 wieder eingeführt. Es gab eine Relegation zuvor schon von 1982 bis 1991. 2009: Energie Cottbus - 1. FC Nürnberg 0:3/0:2. 2010: 1. FC Nürnberg - FC Augsburg 1:0/2:0. 2011: Bor. Mönchengladbach - VfL Bochum 1:0/1:1. 2012: Hertha BSC - Fortuna Düsseldorf 1:2/2:2. 2013: 1899 Hoffenheim - 1. FC Kaiserslautern 3:1/2:1. 2014: Hamburger SV - SpVgg Greuther Fürth 0:0/1:1. 2015: Hamburger SV - Karlsruher SC 1:1/2:1 nach Verlängerung. 2016: Eintracht Frankfurt - 1. FC Nürnberg 1:1/1:0.

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