Es geht um mehr als nur den Sieg

Le Mans · Eines der letzten großen Abenteuer im Motorsport steigt im französischen Le Mans. 24 Stunden Vollgas – und jede Sekunde zählt. In diesem Jahr lässt das Duell Porsche gegen Audi die Herzen der Fans höher schlagen.

Neben kleinen Einmannzelten parken sündhaft teure Bentleys, Bugattis oder Aston Martins, auf den Campingstühlen wird Champagner gereicht. So einen Zeltplatz gibt es nur an einem Ort auf der Welt: in Le Mans . Rund 250 000 Zuschauer aus ganz Europa pilgern jedes Jahr zum legendären 24-Stunden-Rennen im Nordwesten Frankreichs. Einige von ihnen in Autos, die fast so teuer sind wie die Rennwagen auf der Strecke.

Für das diesjährige Rennen (Start am Samstag, 15 Uhr) rechnen die Veranstalter mit einem neuen Rekordansturm. Denn der Klassiker verspricht dieses Mal besondere Brisanz - dank der Rückkehr von Porsche . Mit Seriensieger Audi (zwölf Erfolge in den vergangen 14 Jahren) und Rekordsieger Porsche (16 Triumphe) treten die beiden erfolgreichsten Marken erstmals direkt gegeneinander an. Und dabei geht es um mehr als nur den Sieg: Denn der Kampf der Konzernschwestern ist auch ein Familienduell. Der Kampf um die Nummer eins im Haus.

Und dabei mischt ein Saarländer kräftig mit: Timo Bernhard (33). Seit 1999 ist der Homburger Porsche-Werksfahrer. "Mit Porsche in Le Mans zu starten, war immer mein Traum", sagt Bernhard, der sich unter anderem mit Ex-Formel-1-Pilot Mark Webber (Australien) am Steuer des Porsche 919 Hybrid abwechselt. Die beiden verstehen sich. "Mark ist ein Vollblut-Rennfahrer, die Zusammenarbeit super", erzählt Bernhard. Dann lacht er. "Allerdings fangen unsere Besprechungen jetzt immer ein bisschen später an - weil Mark ständig von einer Menschentraube umlagert wird." Und noch ein kleines Problem hat der Le-Mans-Sieger von 2010 (damals war er an Audi ausgeliehen) mit Webber. Der Australier ist 15 Zentimeter größer. "Deshalb habe ich einen eigenen Kindersitz im Auto", sagt Bernhard und grinst. Bei jedem Fahrerwechsel wird der eingesteckt.

Der Saisonauftakt für das Team war gut. Bernhard, Webber und der Neuseeländer Brendon Hartley fuhren auf Anhieb auf Platz drei. Im zweiten Rennen war das Auto ebenfalls auf Podiumskurs, ehe es von technischen Problemen eingebremst wurde. Nichts Ungewöhnliches für ein brandneues Auto. Bei der Konkurrenz sorgten die gefahrenen Zeiten jedenfalls für hochgezogene Augenbrauen. "Ohne die Probleme hätte Porsche in Spa locker gewonnen", glaubt Audi-Pilot Tom Kristensen. "Auch in Le Mans werden sie stark sein."

Die Ingolstädter waren über Jahre hinweg der Platzhirsch im Revier zwischen den Hunaudières-Geraden und den Kurven-Kombinationen wie Arnage und Tertre Rouge. Doch diese Hackordnung scheint durcheinander gewirbelt. Nicht nur von Porsche . Am Ende könnte sogar Toyota der große Sieger im Duell zwischen Porsche und Audi sein - als lachender Dritter. Zum Auftakt der Langstrecken-WM feierten die Japaner jedenfalls zwei Siege.

Timo Bernhard ist überzeugt: "Alle drei Hersteller sind sehr eng beieinander. Der Audi ist in den Kurven sehr schnell, wir sind es auf den Geraden. Der Toyota ist immer irgendwo dazwischen - und war in beiden bisherigen Rennen am Ende vorne. Es wird ein heißes Rennen ." Und das nicht nur für die Bentley-Fahrer auf dem Zeltplatz.

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