Erst provozieren, dann schlagen

Neunkirchen. Norbert Reinermann, Cheftrainer des Boxclubs 1921 Neunkirchen, steht am Ring und beobachtet Senad Gashi genau. "Ich will schnelle Hände sehen", ruft er ihm zu und baut dessen Sparringspartner mit den Worten "immer weiter arbeiten, Senad wird auch mal müde" auf. Aber Gashi zeigt keine Anzeichen von Müdigkeit

 Boxer Senad Gashi hat mit seinem Sieg bei den Südwestdeutschen auf sich aufmerksam gemacht. Foto: Prams

Boxer Senad Gashi hat mit seinem Sieg bei den Südwestdeutschen auf sich aufmerksam gemacht. Foto: Prams

Neunkirchen. Norbert Reinermann, Cheftrainer des Boxclubs 1921 Neunkirchen, steht am Ring und beobachtet Senad Gashi genau. "Ich will schnelle Hände sehen", ruft er ihm zu und baut dessen Sparringspartner mit den Worten "immer weiter arbeiten, Senad wird auch mal müde" auf. Aber Gashi zeigt keine Anzeichen von Müdigkeit. Blitzschnell taucht er ab, pendelt vor seinem Gegner hin und her, weicht den Schlägen ein ums andere Mal aus und lässt die Deckung dabei vollkommen offen. Nahezu bewegungslos hängen seine Arme vom Körper herab. Provokant, fast schon arrogant mag das auf manche wirken, aber es ist Gashis Art zu boxen.

Senad Gashi will seinen Gegner herausfordern, will ihn provozieren und zu einer unüberlegten Handlung verleiten. Und wenn er ihn so weit hat, schlägt er zu. Schnell, hart und platziert. Das ist sein Stil, sein Markenzeichen. Damit macht er einen Boxkampf zum Ereignis. Wenn Gashi in den Ring steigt, hat er die Zuschauer schnell auf seiner Seite. Denn wie sein Vorbild, David Haye, versteht er es, Unterhaltung und Leistungssport miteinander zu verbinden. Reinermann, der in seiner Laufbahn als Boxer und Trainer schon vieles erlebt hat, sagt über Gashi: "Ich habe in den letzten 30 Jahren kein vergleichbares Talent gesehen. Er hat etwas, das man nicht lernen kann. Er ist ein Bewegungstalent und besitzt einen enormen Willen. Senad will in dem, was er tut, der Beste sein. Deshalb muss man ihn in seinem Trainingseifer sogar bremsen."

Sobald Gashi aus dem Ring steigt und die Boxhandschuhe beiseite gelegt hat, ist von arroganter oder provokanter Art nichts mehr zu spüren. Er ist locker, cool und freundlich. Angesprochen auf das Lob seines Trainers wirkt er fast verlegen. Erst zweieinhalb Jahre ist es her, als der Zweibrücker zum ersten Mal nach Neunkirchen ins Boxtraining kam. "Ein Kumpel hat mich gefragt, ob ich Lust hätte mitzukommen. Es hat mir gefallen, und ich bin dabei geblieben." Mittlerweile hat er sich zehn Kilo an Muskelmasse antrainiert und ist Saarlandmeister in der 91-Kilo-Schwergewichtsklasse. Für Gashi ein kleiner Schritt auf der Erfolgsleiter. Er will weiterhin bei den Amateuren Erfahrung sammeln und in ein paar Jahren zu den Profis wechseln.

Wie es sich anfühlt, der Beste zu sein, weiß Gashi schon. Im Freestyle-Fußball war er bereits deutscher Meister und wurde sogar ins Aktuelle Sportstudio eingeladen. "Ich bin gegen Andreas Görlitz an der Torwand angetreten. Den kannte ich zwar nicht, aber ich habe eine Reise nach Zypern gewonnen", erzählt der 19-Jährige, der in Zweibrücken Finanzdienstleistung studiert. Neben zwölf Stunden Training pro Woche und Studium bleibt wenig Zeit für andere Interessen. "Boxen und Trainieren sind meine Hobbys", gibt er zu verstehen. Zum Leidwesen seiner Freestyle-Fans, die seinen Künsten in Internetforen nachtrauern.

Am vergangenen Wochenende gewann Gashi die südwestdeutschen Gruppenmeisterschaften in Neustadt und qualifizierte sich für die deutschen Meisterschaften. Am kommenden Wochenende möchte sich Gashi bei den internationalen deutschen U21-Meisterschaften im bayerischen Eichstätt einen Namen machen. "Das ist für mich das wichtigere Turnier, weil richtig starke Gegner am Start sind. Aber ich will das Ding gewinnen. Ganz klar", sagt er und zieht sich die Handschuhe wieder an. Das Training geht weiter.

"Ich habe

in den letzten 30 Jahren kein vergleichbares Talent gesehen."

Norbert Reinermann, Cheftrainer des BC 1921 Neunkirchen, über Senad Gashi

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