Sportpolitik Erst Interessen-Vertretung, dann Profi-Gewerkschaft?

Köln · Verein „Athleten Deutschland“ will Profis aus dem Handball, Volleyball, Basketball und Eishockey unterstützen. Vor allem die Terminhatz macht Sorgen.

() Kaum haben Deutschlands Spitzensportler ihre eigenständige Interessenvertretung „Athleten Deutschland“ gegründet, wird der Ruf nach einer Profigewerkschaft laut. „Es gibt seit längerem Versuche. Es scheitert aber daran, dass es ehrenamtlich läuft“, sagt der ehemalige Volleyball-Nationalspieler Max Günthör, „wir hoffen, jetzt die Ressourcen zu bekommen.“ Der Athletenvertreter seiner Sportart hatte zusammen mit dem Basketballer Sascha Leutloff bei der Gründung des neuen Vereins am vergangenen Sonntag in der Satzung das zusätzliche Ziel durchgesetzt, Profisportler bei der Gründung einer Gewerkschaft zu unterstützen. „Die, die in Arbeitnehmerverhältnissen mit Vereinen stehen, brauchen eine professionelle Vertretung“, forderte der 32-Jährige, der dabei nicht auf finanzielle Hilfe, sondern auf „Kontakte und Wissen“ hofft.

Die Resonanz in anderen Mannschaftssportarten ist groß. „Ich finde es eine gute Sache“, sagt Eishockey-Nationalspieler Christian Ehrhoff: „Die Spieler können so besser ihre Rechte und Anliegen durchsetzen.“ Und Handball-Weltmeister Johannes Bitter freute sich: „Es ist ein großes Zeichen, dass sich etwas tut. Die einzigen, die keine Stimme im Sport haben, sind die Sportler selbst. Das kann nicht sein.“ Der 35-Jährige hat Erfahrungen mit diesem Thema: Er gründete 2010 mit seinem Torhüterkollegen Marcus Rominger die Handballer-Gewerkschaft GOAL – aus Protest gegen die zusätzliche Belastung durch immer mehr Spiele. Anfangs machten fast 100 Handballer mit, jetzt ist die Mitgliederzahl deutlich gesunken. „Es hakt im Moment. Wir arbeiten permanent ehrenamtlich, es wurde immer schwieriger, Leute zu akquirieren“, berichtet der WM-Held von 2007: „Es würde Sinn machen, sich unter einer Dachgewerkschaft zu vereinen, es gäbe sehr viele Synergieeffekte.“

Abseits des Fußballs mit der 1987 gegründeten VDV waren Versuche in einzelnen Sportarten bislang wenig erfolgreich. Während die Handballer zumindest über ihre europäische Vertretung EHPU zwei Sitze im Professional Handball Board des Kontinentalverbandes EHF und damit ein Mitspracherecht erhalten haben, sind Bemühungen im Basketball und Eishockey gescheitert. In den 90er Jahren gründete Ex-Nationalspieler Jörg Hiemer die Vereinigung deutscher Eishockeyspieler (vde), zu Beginn des neuen Jahrtausends versuchte Ex-Nationalspieler Jörg Mayr erfolglos eine Wiederbelebung dieser Idee.

Im Basketball riefen Nationalspieler 2005 als Reaktion auf das Bosman-Urteil und den drastischen Anstieg ausländischer Spieler in der Bundesliga die Spieler-Initiative SP.IN ins Leben. „Sie hat eine Quotenregelung durchgesetzt“, sagt Leutloff, „aber es wurde versäumt, professionelle Strukturen zu schaffen. Die Organisation liegt brach.“

Bei den Ligen trifft der Ruf nach einer Profigewerkschaft auf wenig Gegenliebe. „Ich glaube nicht, dass die Situation schlecht ist und durch eine Gewerkschaft verbessert würde“, sagte Gernot Tripcke, Geschäftsführer der Deutschen Eishockey Liga (DEL): „Die Klubs tun alles Menschenmögliche für die Spieler.“

Günthör hofft durch den Verein „Athleten Deutschland“ nicht auf finanzielle Unterstützung. Eine Gewerkschaft müsse sich durch ihre Mitgliedsbeiträge selbst finanzieren, sagt der Volleyballer. Vorbild sind die mächtigen Spielervereinigungen in den nordamerikanischen Profiligen. „In Amerika funktioniert es sehr gut“, meinte Eishockeyprofi Ehrhoff, der 13 Jahre in der NHL spielte. Vor allem die Terminhatz brennt den Sportlern auf den Nägeln. „In Amerika gibt es an Weihnachten kein Spiel, da haben alle drei Tage frei, hier kennt man das nicht“, berichtet Ehrhoff. „Die Belastung wird immer größer“, ergänzte Bitter.

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