Erst die Revolte, dann das Tor

Rio de Janeiro · Argentiniens Superstar Lionel Messi war bei seinem ersten Auftritt in Brasilien gegen WM-Debütant Bosnien-Herzegowina lange Zeit anonym, entschied dann aber das Spiel – mit einem tollen Tor. Und mit einer Revolte.

Als ihn sein Land am dringendsten brauchte, tauchte Lionel Messi plötzlich auf - und wie! Mit einem seiner unnachahmlichen Soli verzückte er Millionen, bescherte Argentinien den 2:1 (1:0)-Sieg gegen Debütant Bosnien-Herzegowina und ließ den Fußball-Tempel Maracanã in seinen Grundfesten erzittern. Fast noch wichtiger als Messis erstes WM-Tor nach quälend langen 623 Minuten war eine Aktion des Kapitäns, die sich zuvor hinter verschlossenen Türen abgespielt hatte. Es war nicht weniger als eine Revolte.

In der ersten Halbzeit machte Messi im ungewohnten 5-3-2-System seinem Sitznamen "Floh" alle Ehre - er war fast nicht zu sehen. Titelkandidat Argentinien lag nur dank des schnellsten Eigentors der WM-Geschichte durch den untröstlichen Schalker Sead Kolasinac (3. Minute) vorne - bis es dem Chef zu bunt wurde. In der Pause diktierte Kapitän Messi Trainer Alejandro Sabella die Rückkehr zum 4-3-3.

"Wir haben gemeinsam entschieden", sagte Sabella später. Doch alle wussten: Es war Messi. Er habe sich "allein" gefühlt, erklärte der Superstar seinen 45 Minuten lang anonymen Auftritt. "In der ersten Halbzeit ist er ja nicht viel gelaufen", meinte Bosniens Torschütze Vedad Ibisevic vom VfB Stuttgart , "aber dann hat er gezeigt, dass er ein unglaublicher Fußballer ist." Ein Doppelpass mit dem eingewechselten Gonzalo Higuaín, ein Dribbling vorbei an zwei hilflosen Bosniern, ein satter Schuss an den Innenpfosten - und Tor!

Wie wichtig ihm sein erster Treffer (65.) beim Weltturnier acht Jahre nach seiner Torpremiere war, zeigte Messis Reaktion: Völlig losgelöst schrie er seine Freude heraus und zerrte so sehr an seinem Trikot, dass der Hersteller dessen Halten als Qualitätsnachweis feiern durfte.

Dass er und nur er allein für Argentiniens Glück verantwortlich war, daran ließ Messi kaum einen Zweifel. Das System der zweiten Hälfte, das Sabella bei seinem Amtsantritt eigens für Messi installiert hatte, "gefällt uns Stürmern besser", sagte dieser. Zuvor, im 5-3-2, habe er doch "sehr gelitten". Es sei jetzt wichtig, dass Argentinien aus diesem ersten Spiel die richtigen Schlüsse zieht, fügte Messi an. Kaum vorstellbar, dass Sabella es wagt, am Samstag gegen den Iran erneut fünf Verteidiger aufzubieten.

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