Frauenfußball Ernste Worte der Erfolgstrainerin

Enschede · Die Niederlande hoffen nach dem EM-Titel auf einen Boom im Frauenfußball.

Die Heldinnen tanzten, Schlagerlieder singend, durch die Katakomben des Twente-Stadions. Die Goldmedaillen hüpften an ihren Hälsen, die durchnässten Haare und Trikots verströmten den Geruch von Schaumwein. Doch während die Fußballerinnen glückselig ihren historischen Sieg bei der Heim-EM feierten, stimmte Bondscoach Sarina Wiegman im Nebenraum ernste Töne an.

„Ich habe noch eine Botschaft“, sagte die Erfolgstrainerin: „Es war ein fantastisches Turnier. Wir haben Rekorde gebrochen. Wir haben den Menschen gezeigt, wer wir sind. So haben wir den Titel gewonnen. Das ist wirklich herausragend. Die Zahl der Mädchen, die Fußball spielen wollen, wächst. Aber nun muss sich etwas in der Organisation ändern.“ Ihr leidenschaftlicher Appell richtete sich an den niederländischen Verband KNVB und die Clubs: Es brauche zur besseren Förderung gemischte Teams in jungen Jahren. „Damit wir sicherstellen, dass sich die Situation für Mädchen und Frauen bessert. Dieses Turnier kann unserer Sportart einen Schub verleihen“, betonte Wiegman.

Die große Euphorie, die der verdiente erste EM-Triumph beim Turnier im eigenen Land geweckt hat, soll sich in einer nachhaltigen Entwicklung niederschlagen. Das hofft auch Mittelfeldspielerin Jackie Groenen vom 1. FFC Frankfurt, die mit Johan Cruyffs Rückennummer 14 ein starkes Turnier spielte: „Ich hoffe, die Mädels sehen, dass es ein Traum ist, hier zu spielen, und fangen auch mit dem Fußball an.“

Die Zahlen belegen jedenfalls das Interesse der fußballverrückten Nation, die seit dem EM-Triumph der Männer 1988 auf einen großen Erfolg warten musste. Das unterhaltsame 4:2 (2:2) im Finale gegen Dänemark sahen neben 28 000 Fans im Stadion von Enschede auch über vier Millionen TV-Zuschauer. Gestern bestimmten die Jubelbilder auch die Titelblätter der niederländischen Zeitungen. „Fenomenaal“ (AD), „Heldinnen!“ (Tubantia) und „Sommermärchen“ (De Limburger) lauteten die Schlagzeilen.

Das Turnier mit dem Viertelfinal-Aus des Rekord-Europameisters Deutschland gegen Dänemark nach zuvor sechs deutschen Triumphen in Serie hat bewiesen, dass die Hie­rarchie im europäischen Frauenfußball neu geordnet wird. „Die anderen haben aufgeholt“, lautete das nüchterne Fazit von Reinhard Grindel. Der DFB-Chef deutete trotz der enttäuschenden Leistungen einen Verbleib von Bundestrainerin Steffi Jones an: „Die Zielrichtung ist klar: Wir wollen gemeinsam mit der Mannschaft und dem Trainerstab wieder erfolgreicher werden.“

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