Erfreuliches Entgegenkommen

Saarbrücken. Mag Felix Magath bei der Kaderplanung im Sommer nicht das glücklichste Händchen besessen haben, so ist dem FC Schalke eines nicht abzusprechen: Ticketpreispolitik mit Fingerspitzengefühl. Denn in dieser Saison werden nur für die Partie gegen Bayern München und das letzte Heimspiel am 7. Mai gegen den FSV Mainz Topzuschläge von zehn (Sitzplatz) und fünf Euro (Stehplatz) erhoben

Saarbrücken. Mag Felix Magath bei der Kaderplanung im Sommer nicht das glücklichste Händchen besessen haben, so ist dem FC Schalke eines nicht abzusprechen: Ticketpreispolitik mit Fingerspitzengefühl. Denn in dieser Saison werden nur für die Partie gegen Bayern München und das letzte Heimspiel am 7. Mai gegen den FSV Mainz Topzuschläge von zehn (Sitzplatz) und fünf Euro (Stehplatz) erhoben. Die Begegnung des Tabellen-16. an diesem Samstag, 15.30 Uhr, gegen den Tabellenelften Werder Bremen bleibt von solch einem Unfug allerdings verschont. Es ist das Krisenduell des 13. Spieltags, denn weder Königsblau noch Grünweiß haben sich zu dem Zeitpunkt einer Saison so tief in der Tabelle bewegt. Bislang waren Schalke und Werder nach zwölf Runden auf den Plätzen vier und zwei (2005/2006), drei und zwei (2006/2007), sieben und drei (2007/2008), sechs und zehn (2008/2009) oder vier und zwei (2009/2010) gelistet. In der Liga scheint nichts mehr, wie es mal war. Die "zementierte Gesellschaft" (Frankfurts Vorstand Heribert Bruchhagen) scheint aufgebrochen, wenn FSV Mainz (Tabellendritter/Gehaltsetat 14,5 Millionen Euro), SC Freiburg (Vierter/14,5), Eintracht Frankfurt (Fünfter/28) und Hannover 96 (Siebter/24) sich in der vorderen Hälfte einnisten - mit einem Finanzaufwand für die Lizenzspieler, der zusammen nicht dem von Bayern München entspricht. Und das "verrückte Tabellenbild" (Bremens Vorstandsmitglied Klaus Allofs) konterkariert Ansprüche, die neben Schalke und Werder auch der Hamburger SV und der VfB Stuttgart haben, die auch mehr als 40 Millionen an Gehältern zahlen. Woher rührt die Revolution? "Kleine Clubs können heute mit guter Nischenpolitik und drei, vier klugen Transfers oder Ausleihgeschäften den Abstand verringern", sagt Leverkusens Kadermanager Michael Reschke. Er spricht voller Hochachtung von "pfiffigen Jungs", die als Trainer-Manager-Duett in Mainz, Freiburg oder Nürnberg am Werk seien. Offenbar werden dort, anders als früher, kreativere, innovativere und mutigere Konzepte kreiert, die zumindest zeitweise den Klassenunterschied kaschieren. "Der Fußball in der Bundesliga ist besser, die Spiele sind interessanter geworden", sagt Hune Fazlic, Talentsichter bei Werder. Zudem zahlt sich auch für wenig Arrivierte die Wertarbeit in Nachwuchsleistungszentren aus, "weil mittlerweile viel mehr gute, junge und deutsche Spieler auf dem Markt sind, die sich besser verteilen können", erklärt Reschke. Patrick Dippel von der Spielanalytikfirma "Mastercoach" bestätigt, dass "Fitnesswerte und körperliche Voraussetzungen in der Liga fast identisch" seien. Ein gut erfassbarer Parameter sind Laufleistung und Geschwindigkeiten. Eine Bundesliga-Mannschaft legt pro Spiel durchschnittlich 115,9 Kilometer zurück, davon 2,5 Kilometer im Sprinttempo, 5,7 in hoher Geschwindigkeit. Werte, die Tabellenführer Borussia Dortmund teils deutlich übertrifft, "deren laufintensives Spiel ist objektiv zu belegen", erklärt Dippel. Er stützt aus seinen Datenbanken die These, dass sich "das Niveau in der Liga angenähert hat", wie Frankfurts Trainer Michael Skibbe sagt. Auch dessen Kollegen Robin Dutt (Freiburg), Dieter Hecking (Nürnberg) und Mirko Slomka (Hannover) weisen ihren Mannschaften neue Wege, um in ein Revier einzudringen, das den Luxuskadern der Liga vorbehalten schien. Dippel, zu dessen Kunden Bayern, Bayer und Stuttgart gehören, glaubt: "Ein gutes Konzept auf dem Platz kann die Etatunterschiede zumindest verkleinern." Mainz-Trainer Thomas Tuchel etwa führt seiner Elf in der Halbzeit Videosequenzen vor, um an der Taktik zu feilen. Bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sieht man die Momentaufnahme mit Freude. "Wenn wenige Clubs ganz stark und viele schwach sind, ist das für das Brot- und Buttergeschäft sehr schlecht. Deshalb kann es nur gut sein, dass nach dem ersten Drittel der Saison nicht gleich die oben stehen, die nach ihren Umsätzen dort stehen müssten", sagt DFL-Chef Christian Seifert. Bliebe das jetzige Bild erhalten, hätte aber auch er Magengrimmen: "Auf der anderen Seite ist es wichtig für die Liga, dass diejenigen, die dann international spielen, dort wettbewerbsfähig sind." So weit sind die Revolutionsführer aus Mainz, Freiburg und Frankfurt wohl noch nicht.

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