Erfolg, ohne zu rackern

Leipzig · Von der Swiss Miss zur Grande Dame: Zwischen Martina Hingis' erstem und ihrem jüngsten Grand-Slam-Erfolg liegen 20 Jahre. Eine Olympia-Medaille in Rio soll die dritte Karriere der Schweizerin krönen.

Ihr letzter Besuch in Leipzig ? "Der ist schon eine Weile her", sagt Martina Hingis und weiß selbst, wie maßlos sie damit untertreibt. 1997 schlug sie zum letzten Mal in der Messestadt auf. Bei einem Turnier, das es seit 13 Jahren nicht mehr gibt, auf einem Bodenbelag (Teppich), der nicht mehr verlegt wird. Hingis' Kontrahentin Steffi Graf fehlte damals in Leipzig verletzt. Es hat sich einiges verändert seit ihrem letzten Besuch - auch im Leben der früheren "Swiss Miss".

Geblieben ist der Erfolg. Vor 19 Jahren stand sie auf Platz eins der Einzel-Weltrangliste. Heute führt Hingis das Ranking im Doppel an. Bei den Australian Open in Melbourne gewann sie mit der Inderin Sania Mirza ihren 21. Grand-Slam-Titel, fünf Mal triumphierte sie im Einzel, vier Mal im Mixed und zwölf Mal im Doppel.

Mittlerweile durchlebt Hingis ihre dritte Karriere nach ihrer Zeit als Wunderkind in den 90er Jahren und der gescheiterten Rückkehr inklusive Kokain-Affäre 2007. "Man vergisst manchmal, dass sie noch so jung ist", sagt der Schweizer Fed-Cup-Teamchef und frühere Graf-Trainer Heinz Günthardt über die 35-Jährige, die kaum älter ist als ihr Landsmann Roger Federer .

Auch wenn Hingis aller Voraussicht nach an diesem Wochenende gegen Deutschland nur im Doppel zum Einsatz kommt, weiß Günthardt, wie wichtig sie für das Team der Eidgenossen ist: "Allein ihre Präsenz ist eine Verstärkung." Auch Hingis sagt, sie könne "viel Input von der Bank geben, positive Energie schadet ja nicht". Auf dem Platz, da müssen es die Jungen jedoch alleine richten.

Hingis genießt ihr Leben als Doppelspezialistin, weil sie es liebt, zu gewinnen. Und: "Weil ich mir einfach mehr erlauben kann. Auch mal ein Glas Wein", sagte sie in Melbourne: "Ich will mich nicht mehr abrackern müssen."

Im Doppel kann sie ihre Stärken ausspielen: die Übersicht, die Präzision, das feine Händchen am Netz. Die fehlende Kraft beim Aufschlag und an der Grundlinie, die sie nach 209 Wochen an der Einzelspitze an der Generation um Serena und Venus Williams scheitern ließ, wird kaschiert. "Im Einzel habe ich meine Zeit gehabt", sagt Hingis heute: "Ich bin lieber an der Spitze, als irgendwo im Mittelfeld herumzugurken."

Der beinahe krankhafte Ehrgeiz ihrer Teenager-Zeit ist einer Altersmilde gewichen. Über das legendäre Finale der French Open 1999, als sie sich erst mit dem Publikum anlegte, dann gegen Graf verlor und schließlich unter Tränen den Platz verließ, sagt sie: "Mit 18 macht man halt manchmal Dinge, die man nicht tun sollte." Als Mittdreißigerin dagegen nur noch, was Spaß macht.

Hingis freut sich vor allem auf die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro, bei denen sie gemeinsam mit Federer Favoritin auf die Goldmedaille im Mixed ist. Ans Aufhören denkt sie jedenfalls nicht. "Wie können Sie solch eine Frage stellen?", blaffte Hingis in Leipzig eine Reporterin an: "Wir haben ein Spiel am Wochenende."

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Auf einen BlickAustralian-Open-Siegerin Angelique Kerber und Andrea Petkovic treten im Erstrundenspiel des Fed Cups gegen die Schweiz als Einzelspielerinnen an. Teamchefin Barbara Rittner nominierte die beiden am Freitag für die Auftaktpartien an diesem Samstag (13 Uhr/Sat.1). Damit erhielt Petkovic den Vorzug vor Annika Beck und Anna-Lena Friedsam. Im ersten Spiel in der mit 4200 Zuschauern ausverkauften Leipziger Messehalle stehen sich Petkovic und Belinda Bencic gegenüber. Danach trifft Kerber auf Timea Bacsinszky. Für das Doppel am Sonntag sind Anna-Lena Grönefeld und Beck vorgesehen. dpa

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