Er ist noch da

Saarbrücken. Im März war die Welt noch in Ordnung. Trainingserfolge in Potsdam, ein Sieg im Länderkampf gegen Großbritannien - "ich war auf einem guten Weg, im Sommer die Qualifikation für die Europameisterschaft zu schaffen", erinnert sich Schwimmer Lucien Haßdenteufel. Doch aus "einem guten Weg" wurde schlagartig ein tiefes Loch

Saarbrücken. Im März war die Welt noch in Ordnung. Trainingserfolge in Potsdam, ein Sieg im Länderkampf gegen Großbritannien - "ich war auf einem guten Weg, im Sommer die Qualifikation für die Europameisterschaft zu schaffen", erinnert sich Schwimmer Lucien Haßdenteufel. Doch aus "einem guten Weg" wurde schlagartig ein tiefes Loch. Im April riss sich Haßdenteufel beim Fußballspielen zwei Bänder und die Kapsel im Fuß. Bei den deutschen Langbahnmeisterschaften erreichte der Rückenspezialist nur den vierten Platz, die EM-Qualifikation blieb ein Traum. "Ich war richtig enttäuscht, weil ich so schlecht geschwommen bin", meint Haßdenteufel, "und da bin ich in eine mentale Krise reingerutscht", die bis in die vergangene Woche anhielt. Außerhalb des Sports musste der 20-Jährige noch auf sein Studiumswunsch zum Sportmediziner verzichten. "Ich hatte den Abiturschnitt nicht, weil ich wegen des Sports nicht so oft in der Schule war", erzählt Haßdenteufel, der seit diesem Semester Französisch auf Lehramt studiert. Und sportlich vermisste er in Potsdam, wo er über ein halbes Jahr trainierte, sein Saarbrücker Umfeld. "In der Mannschaft hier sind meine besten Freunde, am Olympiastützpunkt passt einfach alles zusammen. Es ist viel familiärer", erzählt er.Als dann im Sommer wegen den verhältnismäßig schlechten Ergebnissen auch noch die Streichung von der Olympia-Kaderliste für 2012 folgte, kehrte er in sein vertrautes Umfeld zurück. "Ich habe gehofft, hier wieder zu mir zurückzufinden", begründet er.Seit September trainiert er hier mit Landestrainer Ralf Steffen. In jeder Woche absolviert er fünf Trocken- und zehn Wassereinheiten. "Aber wir sind qualitativ und quantitativ noch nicht am Optimum angekommen", erklärt Steffen. Immerhin verbesserten sich Luciens Ergebnisse langsam wieder - und die deutschen Kurzbahnmeisterschaften in der vergangenen Woche sollten für ihn eine Entscheidung bringen. Die Entscheidung, ob er im Leistungssport einen Gang zurückschraubt, oder ob er das Ziel Olympia 2012 wieder angreift. "Bei den ersten beiden Rennen habe ich eher schlecht abgeschnitten, und in meiner Hauptdisziplin über 200 Meter Rücken wurde ich nur Vierter. Da dachte ich wieder, es bringt nichts. Aber dann kam die Staffel, und die hat mich beflügelt", strahlt Haßdenteufel.Über 4x50 Meter Lagen (1:39,90 Minuten) mit Neil Pallmann, Frank Schmidt und Sebastian Lotze gewann er am Samstag die Bronzemedaille, einen Tag später erschwamm er sich den Vizetitel über 100 Meter Rücken (0:52,90). "Es ist wichtig, dass alle gesehen haben, dass ich noch da bin", freut sich Haßdenteufel über den Motivationsschub. "Der Weg nach Olympia ist ziemlich schwer, das habe ich im Sommer realisiert", ist er sich bewusst, "wäre das Wochenende anders ausgegangen, weiß ich nicht, wie ich mich entschieden hätte. Aber jetzt, wo der Erfolg wieder da ist, bin ich auch wieder zuversichtlich". Nun, da die Welt endlich wieder in Ordnung ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort