Umbruch im deutschen Eishockey Sturms Abschied tut dem Verband richtig weh

München · Der erfolgreiche Eishockey-Bundestrainer steht beim Deutschland-Cup letztmals an der Bande. Dann wechselt er in die NHL.

 Marco Sturm im Deutschland-Dress – das wird nur noch diese Woche zu sehen sein. Der Bundestrainer wechselt zu den Los Angeles Kings in die NHL.

Marco Sturm im Deutschland-Dress – das wird nur noch diese Woche zu sehen sein. Der Bundestrainer wechselt zu den Los Angeles Kings in die NHL.

Foto: dpa/Peter Kneffel

Die Hiobsbotschaft wirkte am Montag noch nach. „Es hat uns total überrascht“, sagte Franz Reindl, der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), über den plötzlichen Abschied von Bundestrainer Marco Sturm. Nach dem Deutschland-Cup am kommenden Wochenende folgt der 40-Jährige dem unwiderstehlichen Lockruf der nordamerikanischen Profiliga NHL. Statt dem Silber-Coup von Pyeongchang weitere Großtaten hinzuzufügen, geht Sturm als Assistenzcoach zu den Los Angeles Kings – und bringt den DEB damit in die Bredouille.

Reindl war deshalb am Montag relativ kurz angebunden, beim Verband herrschte praktisch über Nacht große Betriebsamkeit. „Viel Zeit habe ich nicht“, sagte der 63-Jährige, der im Verbund mit Sportdirektor Stefan Schaidnagel und dem DEB-Präsidium nun einen Nachfolger finden muss, der das deutsche Eishockey auf Kurs hält.

„Natürlich“ habe man sich noch keine Gedanken über die zukünftige Lösung machen können, merkte Reindl an. Denn obwohl Sturm immer wieder mit der Rückkehr in die NHL kokettierte – als Profi kam er dort auf über 1000 Einsätze – so schnell hatte diesen Wechsel bei einem noch bis 2022 laufenden Vertrag keiner erwartet.

„Der Zeitpunkt der Anfrage kam auch für mich überraschend. Aber die NHL war auch als Trainer immer mein Ziel, deshalb geht für mich ein Traum in Erfüllung“, sagte Sturm: „Ich bin dem DEB nicht nur dafür dankbar, dass er mir diesen Schritt ermöglicht. Sondern auch dafür, dass er mir die Chance zum Einstieg in das Geschäft gegeben hat.“

Am vergangenen Freitag, schilderte Reindl, sei die Anfrage eingegangen. Am Samstag habe er mit Sturm dann beim Sportpresseball in Frankfurt gesprochen, am Sonntagnachmittag mit den Los Angeles Kings. Durchgesickert war die Nachricht am späten Sonntagabend. „Es ist eine Riesenchance für ihn. Ein deutscher Trainer in der NHL ist auch ein Aushängeschild für unser Eishockey“, sagte Reindl. Sturm wird sich an diesem Mittwoch ausführlich äußern und dann beim Vierländerturnier in Krefeld (8. bis 11. November) letztmals beim Nationalteam an der Bande stehen.

Der DEB will sich bei der Suche nach einem Nachfolger nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Zunächst wolle er „die letzten Spiele mit Marco genießen, und ich hoffe, dass das noch einmal ein Superturnier wird“, sagte Reindl. Gleichwohl soll am Wochenende bereits in den führenden Gremien über die Zukunft diskutiert werden.

Sturm hat sich große Verdienste erworben, seit er 2015 als Trainer-Nobody zum Nationalcoach berufen wurde. Der 40-Jährige führte die deutsche Auswahl zurück in die erweiterte Weltspitze, 2016 und 2017 erreichte das Team das WM-Viertelfinale. Alles übertraf jedoch das Wunder von Pyeongchang, als im olympischen Eishockey-Finale gegen Russland nur 55 Sekunden zur Goldmedaille fehlten. Zuvor hatte Sturm im Halbfinale seinen künftigen Kings-Chef Willie Desjardins ausgeschaltet, der in Südkorea die Kanadier betreut hatte.

Die Messlatte liegt hoch für einen Nachfolger, auch weil der Verband enorm von den guten Kontakten Sturms nach Nordamerika und seiner generellen öffentlichen Wirkung profitierte. Die WM im Mai 2019 in der Slowakei wird eine harte Prüfung. Könnten also der im Frühjahr zurückgetretene Christian Ehrhoff oder Jochen Hecht, die beide über eine ähnliche NHL-Vita verfügen, eine Option darstellen? In jedem Fall, so hört man aus dem DEB-Umfeld, wird eine deutsche Lösung bevorzugt. „Es gibt viele Fragen, dann kommen die Namen, es wird sich alles entwickeln“, sagte Reindl.

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