Eisdiele statt Schwimmbecken

Hamburg · Speiseeis statt Schwimmbad: Keine zwei Wochen nach seinem WM-Triumph beendet Kurzbahn-Weltrekordler Markus Deibler seine Karriere. Für den deutschen Schwimmsport ist dies ein harter Schlag.

Der gebeutelte deutsche Schwimmsport verliert überraschend einen seiner größten Hoffnungsträger. Weltrekordler Markus Deibler hat keine zwei Wochen nach seinem Triumph bei der Weltmeisterschaft in Doha mit nur 24 Jahren seinen Rücktritt erklärt - dem Deutschen Schwimmverband (DSV) bricht ein fest eingeplanter Leistungsträger für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro weg. "Ich habe mich nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, meine Karriere im Leistungssport zu beenden", teilte Deibler gestern mit: "Es war eine super Zeit, ich durfte schöne Erfahrungen machen und blicke auf eine erfolgreiche Karriere zurück."

Eigene Pläne wieder verworfen

Deiblers Schritt kommt nur neun Tage nach dem größten Erfolg seiner Karriere . Am 7. Dezember hatte der Biberacher, der für den Hamburger Sport-Club startete, bei den Kurzbahn-WM in Doha in Katar den Titel über die nicht olympischen 100 Meter Lagen geholt, den Weltrekord dabei auf 50,66 Sekunden gedrückt und danach noch euphorisch in die Zukunft geblickt. "Jetzt will ich auch auf der Langbahn angreifen", sagte Deibler: "Erfolg macht Spaß und motiviert für die kommende Zeit." Die Langbahn-WM 2015 im russischen Kasan und die Olympischen Spiele 2016 in Rio schienen nahe - der deutsche Rekordhalter über 200 Meter Lagen hätte über diese Distanz zumindest zum erweiterten Favoritenkreis gezählt.

Nach kurzem Durchatmen warf Deibler nun all seine Pläne über den Haufen. Sein Rücktritt, das ließ er durchblicken, hat weniger sportliche Gründe. "Es ist für mich an der Zeit, neue Projekte anzugehen", erklärte er: "Ich will meine Fähigkeiten dazu nutzen, unternehmerisch tätig und mit Luicella's erfolgreich zu sein."

Luicella's, das ist die Eisdiele, die Deibler mit der Freundin seines älteren Bruders Steffen, dem noch aktiven Kurzbahn-Weltrekordler über 50 Meter Schmetterling, im Hamburger Vergnügungsviertel St. Pauli betreibt. "Steffens Freundin kam mit der Idee von ihrem Auslandssemester, dann haben wir einen Businessplan entworfen. Das hat sich alles so gut angehört, dass ich gesagt habe: Komm, das ziehen wir durch", hatte der Jungunternehmer nach der Eröffnung gesagt.

Kollegen reagieren geschockt

Das Projekt sollte helfen, das finanziell aufwendige Sportlerleben zu stemmen - die Deibler-Brüder hatten oftmals fehlende Unterstützung beklagt. "Wenn wir keine Sponsoren finden, dann ist Rio gestrichen", hatte der Olympia-Vierte Steffen Deibler im Vorjahr gesagt: "Wir finanzieren uns gerade von unseren Rücklagen." Und sein Bruder Markus meinte fast schon resignierend: "Wenn unsere Leistungen und unsere Arbeit so wenig Anerkennung finden, dann war's das eben."

Die Nationalmannschafts-Kollegen reagierten teilweise schockiert auf Deiblers Rücktritt. Staffel-Europameister Yannick Lebherz war ebenso fassungslos wie Franziska Hentke, die in Doha mit Bronze über 200 Meter Schmetterling neben Deibler und Brustschwimmer Marco Koch eine von drei deutschen WM-Medaillen geholt hatte. Sie sagte: "Puh, das ist wirklich sehr überraschend." Ein Rücktritt in Deiblers Alter ist aber nicht ungewöhnlich im Schwimmsport: Der große Mark Spitz aus den USA trat mit 22 Jahren ab, der Australier Ian Thorpe war wie Deibler 24, der US-Amerikaner Michael Phelps 27. Alle kehrten danach aber mehr oder weniger erfolgreich noch einmal ins Becken zurück.

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