Eine kenianische Angelegenheit

St. Wendel. Wilson Melly atmet ruhig, kein Schnaufen, kein Durchatmen, nichts. Er bleibt nicht stehen, sondern geht langsam weiter. Wenigstens die Arme hat der Kenianer ein wenig nach oben gerissen, als er nach 2:19,23 Stunden als Sieger des St. Wendel Marathons über die Ziellinie gelaufen ist. Doch danach zeigt er keine Zeichen von Erschöpfung, kaum Emotionen

 Die Kenianer David Sang, Stanley Kirui und der spätere Sieger Wilson Melly (von links) zogen in St. Wendel einsam ihre Kreise. Foto: B & K

Die Kenianer David Sang, Stanley Kirui und der spätere Sieger Wilson Melly (von links) zogen in St. Wendel einsam ihre Kreise. Foto: B & K

St. Wendel. Wilson Melly atmet ruhig, kein Schnaufen, kein Durchatmen, nichts. Er bleibt nicht stehen, sondern geht langsam weiter. Wenigstens die Arme hat der Kenianer ein wenig nach oben gerissen, als er nach 2:19,23 Stunden als Sieger des St. Wendel Marathons über die Ziellinie gelaufen ist. Doch danach zeigt er keine Zeichen von Erschöpfung, kaum Emotionen. Er geht einfach weiter und wartet abseits des Zieleinlaufes auf David Sang und Stanley Kirui, die ihm auf den Plätzen zwei und drei folgen."Ich bin glücklich", sagt Melly schließlich. Er hat eigentlich besonderen Grund dazu, denn im vergangenen Jahr brach er in St. Wendel heftig ein, lief fast eine halbe Stunde langsamer als gestern, jetzt hat er sich dafür rehabilitiert. Darauf angesprochen, lächelt er ein wenig. Auch Sang und Kirui sind zufrieden, geben sie jedenfalls zu Protokoll. Denn eigentlich hatten sie sich mehr ausgerechnet als Zeiten knapp über 2:20 Stunden. "Der Hügel, der Hügel am Schluss war sehr hart", sagt Stanley Kirui und meint damit den letzten Anstieg nach Urweiler, wo gestern zusätzlich heftiger Gegenwind herrschte, und sprach damit wohl vielen Läufern aus der Seele.

"Die Jungs sind schon fertig", versichert ihr Betreuer Thomas Krejci. "Als wir zum Duschen gefahren sind, sind sie kaum noch aus dem Auto gekommen", sagt er lächelnd: "Und sie sind ein wenig enttäuscht, auch, wenn sie zu höflich sind, um das zuzugeben."

Auf Platz vier im Gesamteinlauf machte Esther Macharia als erste Frau in 2:41,51 Stunden den kenianischen Triumph perfekt. Sie war, wie Kirui, zum ersten Mal in ihrem Leben in Europa und musste deshalb mit dem Untergrund kämpfen. In Kenia ist Asphalt quasi nicht vorhanden, sowohl Macharia wie auch Kirui sind noch nie so lange auf einer befestigten Straße gelaufen. "Die waren beide noch voll von Eindrücken aus der ungewohnten Umgebung. Sie sagten zu mir: Jesus muss es sehr gut mit Europa meinen", sagt Thomas Krejci.

Auf Platz fünf, als erster Weißer und als erster Saarländer, kommt Jörg Hooß ins Ziel. Mit 2:43,55 Stunden verpasst er sein Ziel, die 2:40 zu knacken, knapp, zeigt aber auf beeindruckende Weise, wie wichtig Erfahrung, Renneinteilung und Selbsteinschätzung bei einem Marathon sind. Er erklärt: "Ich habe früh, schon nach 15 Kilometern gemerkt, dass die 2:40 zu optimistisch sind. Ich habe dann Tempo rausgenommen und musste andere ziehen lassen." Daniel Gidumbanda aus Tansania und Hanspeter Scherr aus Lörrach ziehen ihm zunächst davon, am Ende ist Hooß der mit den größten Kraftreserven.

Seine Frau Tanja Hooß verpasst die angestrebte Drei-Stunden-Zeit nur um 17 Sekunden. "Wenn ich jeden Kilometer nur eine halbe Sekunde schneller gelaufen wäre, hätt's gepasst", sagt sie, ist aber alles andere als unzufrieden. Sie wird hinter Eve Rauschenberg (Haßloch) dritte Frau. msc

"Die Jungs sind schon fertig."

Thomas Krejci, Betreuer der Laufgruppe

aus Kenia

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