Leichtathletik-EM in Berlin Eine „Kampfsau“ mit Charme

Berlin · Sprinterin Gina Lückenkemper könnte ein Star dieser EM werden. Heute geht es um Gold über 100 Meter.

 Gina Lückenkemper kämpft heute um Sprint-Gold.

Gina Lückenkemper kämpft heute um Sprint-Gold.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Wo Gina Lückenkemper auftritt, herrscht Trubel. Die Sprint-Hoffnung ist eines der neuen Gesichter der deutschen Leichtathletik, eines der Aushängeschilder der EM in Berlin. Die 21-Jährige hat das Zeug dazu, einer der großen Stars ihrer Sportart zu werden.

Lückenkemper sei für die deutsche Leichtathletik ein „Geschenk des Himmels“, sagte der frühere DLV-Präsident Clemens Prokop. Die Pferdenärrin aus Soest ist schlagfertig, redegewandt und kann ganze Zuhörergruppen fesseln. „Selbstvermarktung ist mir schon immer leicht gefallen, weil ich Spaß daran habe und gern rede“, sagt die Läuferin.

Von der EM will Lückenkemper „zwei Medaillen mit nach Hause bringen“. Heute geht es für sie um Gold, Silber und Bronze über 100 Meter, am kommenden Sonntag steht die 4x100-Meter-Staffel auf dem Programm. „Das wird alles andere als ein Zuckerschlecken, aber mit der Rückendeckung der Zuschauer könnte es gelingen“, hofft die zweimalige EM-Dritte von 2016.

In 10,95 Sekunden war die deutsche Meisterin bei der WM im vergangenen Sommer als erste Deutsche seit 26 Jahren wieder unter elf Sekunden gelaufen. Und der gute Lauf hält an. „Ich bin so konstant mit guten Leistungen unterwegs wie bisher noch nie in meiner Karriere“, sagte sie. Mittlerweile sei auch der Respekt vor den internationalen Rivalinnen auf ein Normalmaß geschrumpft: „Egal, wer da auf der Bahn neben mir steht, ich kann gute Leistungen abrufen“, sagt sie und nennt sich eine „Kampfsau“.

Doch nicht nur die sportlichen Leistungen machen die deutsche Meisterin zu einer besonderen Athletin. Gern mischt sich Lückenkemper auch in öffentliche Debatten ein. So forderte sie vehement mehr TV-Zeiten für die Leichtathletik oder sieht bei der Förderung des deutsches Nachwuchses „noch deutlich Luft nach oben“. Mit ihrer Meinungsfreude tritt sie in die Fußstapfen des streitbaren Diskus-Riesen Robert Harting, der seine Karriere in diesem Sommer beendet. Doch noch zögert Lückenkemper: „Ich habe keine Probleme, meine Meinung zu sagen. Aber ob ich das in dem Umfang machen kann, wie es Robert gemacht hat, weiß ich nicht.“

Lückenkemper kann ihre Sportart auch wunderbar erklären. So etwa, wenn sie darüber doziert, wie sie ihre Reaktionszeit beim Start verbessert hat. „Ich habe im Startblock über die unsinnigsten Sachen nachgedacht“, berichtet die Läuferin. „Zum Beispiel habe ich gedacht: Gleich kommt der Schuss. Und wenn man das denkt und der Schuss kommt, dann denkt man auch: Oh, das war der Schuss. Die Verankerung im Gehirn sollte aber sein: Schuss und los. Das haben wir geschafft“, erklärt die Studentin der Wirtschafts-Psychologie.

Lückenkemper weiß, dass sie für eine Medaille „wohl unter elf Sekunden laufen muss, wenn die Bedingungen so bleiben“. Als stärkste Rivalin stuft sie die Britin Dina Asher-Smith ein, die die kontinentale Bestenliste (10,92) anführt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort