Eine Hand hat er schon am Pokal

Sao Paulo · Es ist angerichtet für die Erfüllung eines Lebenstraums: Nico Rosberg kann diesen Sonntag beim Großen Preis von Brasilien Weltmeister werden. Nur Lewis Hamilton kann den Mercedes-Teamkollegen noch aufhalten.

 Nico Rosberg hat seinen ersten Weltmeister-Titel in der Formel 1 fest im Visier. Mit einem Sieg am Sonntag wäre er bereits am Ziel. Foto: NOGUEIRA/dpa

Nico Rosberg hat seinen ersten Weltmeister-Titel in der Formel 1 fest im Visier. Mit einem Sieg am Sonntag wäre er bereits am Ziel. Foto: NOGUEIRA/dpa

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Um so gut wie nie zu werden, musste Nico Rosberg den Lewis Hamilton in sich entdecken. Der Mercedes-Pilot tritt 2016 ein bisschen wie sein britischer Stallrivale auf, der ihn in den beiden Vorjahren kompromisslos bekämpfte, manchmal auch demütigte - und am Ende die großen Pokale in der Hand hielt. Dank neuer Härte und Fokussierung hat der "ewige Zweite" Rosberg bereits vor dem Großen Preis von Brasilien eine Hand am WM-Pokal. Die Rechnung ist einfach: Gewinnt er am Sonntag in Sao Paulo den vorletzten Saisonlauf (17 Uhr/RTL), ist der 31-Jährige erstmals Weltmeister .

Seit Saisonbeginn wiederholt Rosberg seine Devise, "jedes Rennen für sich" zu betrachten. "Ich fokussiere meine Energie auf den Sieg hier und nicht auf das, was danach kommt", sagt er auch in Sao Paulo . Doch nicht nur das: "Nico hat sich Härte antrainiert", findet Team-Aufsichtsratschef Niki Lauda : "Jetzt merkt Lewis, dass er gegen diesen Nico mit seinem Naturtalent allein nicht mehr ankommt." Beste Beispiele seien die diesjährigen Kollisionen der Piloten in Barcelona und Spielberg. "Da hätte Nico früher zurückgesteckt", glaubt Lauda.

Nur abseits der Strecke hat Hamilton weiter klare Vorteile. Bei der Pressekonferenz am Donnerstag machte sich der Brite wie immer einen Spaß aus der Pflichtaufgabe, knipste wild mit seinem Handy, foppte Journalisten - und machte eine klare Ansage: "Ich will hier gewinnen, ganz klar. Ich habe keine Ahnung, warum ich hier noch nie gewonnen habe." Rosberg, der durch den scheidenden Lokalmatador Felipe Massa in der Mitte von seinem Rivalen getrennt wurde, beschränkte sich auf die bekannten Ausführungen: "Es ist überragend, um die WM zu kämpfen. Aber das Rennen startet bei Null."

Doch Rosbergs bisweilen biedere Fassade täuscht: Wie Hamilton macht auch der Wiesbadener sein Schicksal nicht mehr vom Abschneiden anderer abhängig. "Ich muss weiter das machen, was mir dabei hilft, meine Bestleistung zu bringen. Das bedeutet, immer auf Sieg zu fahren", erklärt der WM-Spitzenreiter mit 19 Punkten Vorsprung auf Hamilton: "Ich habe gelernt, Ereignisse von außen nicht an mich heranzulassen. Da muss man das Visier herunterklappen. Das muss man lernen, sonst hat man keinen Erfolg in diesem Sport."

Mit dieser Herangehensweise hat Rosberg bereits neun Rennen in dieser Saison gewonnen - eins mehr als Hamilton. Der glaubt allerdings ungebrochen an sein vielfach gerühmtes Talent: "Vor einem Rennen bleibe ich manchmal bis 3 Uhr morgens auf. Dann stehe ich auf und gewinne es einfach."

Unrecht hat Hamilton nicht. Mehr als einmal profitierte Rosberg, der auf der Strecke ein Muster an Konstanz war, vom enormen Technikpech seines Rivalen. Allein wenn Hamilton in Malaysia in Führung liegend nicht der Motor geplatzt wäre, sähe die Konstellation in der WM ganz anders aus: Statt 19 Punkten vor Hamilton läge Rosberg neun Zähler hinter dem Engländer zurück.

Hamilton weiß, dass er mehr Glück denn je in seiner Karriere braucht, um seinen vierten Titel einzufahren - immerhin reichen Rosberg selbst ein zweiter und ein dritter Platz in Interlagos und beim Saisonfinale in Abu Dhabi (27. November). Zum Zünglein an der Waage könnten "externe" Faktoren werden. So ist wie eigentlich immer in Interlagos mit Regenschauern zu rechnen.

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