Eine graue Eminenz als Weichensteller

Wenn man im Saarland über die Perspektiven der Sportart Tischtennis reden will, dann kommt man an einem Mann nicht vorbei: Erwin Berg. Wohl kaum jemand an der Saar hat sein Leben dem schnellen Sport an der Platte so verschrieben wie der mittlerweile 76-Jährige. Vor einem halben Jahrhundert stieg Berg als Aktiver mit seinem Heimatverein von der Regionalliga Südwest in die damals neu gegründete Bundesliga auf. 50 Jahre später leitet er als sportlicher Leiter die Geschicke des 1. FC Saarbrücken Tischtennis , sorgt mit seinen Personalentscheidungen dafür, wer für die Blau-Schwarzen an den Tisch geht - und hat entsprechend auch Einfluss darauf, welche Spieler denn das Saarland bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio vertreten könnten, so sie sich denn qualifizieren.

 Erwin Berg (Mitte), Sportchef des 1. FC Saarbrücken, hat mit seinen Personalentscheidungen großen Einfluss darauf, welche Tischtennisspieler das Saarland international vertreten. Foto: Ruppenthal

Erwin Berg (Mitte), Sportchef des 1. FC Saarbrücken, hat mit seinen Personalentscheidungen großen Einfluss darauf, welche Tischtennisspieler das Saarland international vertreten. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

Wie wichtig es auch für den Olympiastützpunkt in Saarbrücken ist, dass Berg den FCS zu einer der Top-Adressen des deutschen Tischtennis gemacht hat, verdeutlicht das Jahr 2012. Es war der Höhepunkt der jüngeren Vereinsgeschichte des FCS, als die Saarbrücker deutscher Pokalsieger wurden und den europäischen ETTU-Pokal ins Saarland holten. Maßgeblich mit verantwortlich war ein Mann, den Berg zwei Jahre zuvor zum Wechsel ins Saarland überredet hatte: Nationalspieler Bastian Steger. Der Mann aus der Oberpfalz krönte das Jahr in London, als er mit Timo Boll und Dimitrij Ovchtarov bei den Olympischen Spielen mit einem 3:1-Sieg gegen Hongkong Bronze mit der Mannschaft gewann. Es war die einzige Medaille in London für das Saarland - und die letzte olympische bisher.

Die Chance, dass es auch mal ein "waschechter", gebürtiger Saarländer bis ganz nach oben schafft, hält Berg für gering, will sie aber nicht komplett ausschließen. Und er hat auch das aus seiner Sicht notwendige dafür getan. "Das ist der Grund, warum wir unsere zweite Mannschaft in der 2. Liga etabliert haben", erklärt Berg, "damit haben wir die Tür geöffnet." Denn aktuell, gibt Berg offen zu, ist der saarländische Tischtennis-Nachwuchs "meilenweit davon entfernt".

Die Weichen Richtung Tokio 2020 sind aus Sicht von Berg schon einmal gestellt - schließlich hat der FCS vor dieser Saison mit Patrick Franziska und Patrick Baum gleich zwei deutsche Nationalspieler verpflichtet. Vor allem Franziska hat sich schnell akklimatisiert, zeigt im FCS-Trikot in Liga und Champions League starke Leistungen und gewann vor einigen Wochen sogar EM-Gold im Herrendoppel an der Seite des Dänen Jonathan Groth. Geht man davon aus, dass zumindest Rekord-Europameister Timo Boll in Tokio mit dann 39 Jahren eher nicht mehr aktiv sein wird, sind Franziska (24) und Baum (29) aussichtsreiche Kandidaten für 2020.

Mit ausschlaggebend, dass Franziska und Baum beim FCS aufschlagen, war Erwin Berg, der mit seinem Sohn die Geschicke der Sportartikelfirma Tibhar leitet. Tibhar macht sein Geschäft vor allem mit Tischtennis-Produkten, stattet europäische Spitzenspieler und weltweit auch Nationalmannschaften aus - und kümmert sich um die Zusammensetzung und Organisation der Profi-Trainingsgruppe an der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken, in der Franziska und Co. sowie die Talente des FCS aus der zweiten Mannschaft, derzeit Tabellenführer in der 2. Liga, an sich arbeiten. Und besser und besser werden. "Viele Spieler aus ganz Europa fragen an und wollen zu uns", sagt Erwin Berg, "die Qualität der Trainingsgruppe ist sehr hoch anzusiedeln." Und dass sie die Sportler weiterbringt, zeigt sich besonders am Beispiel Dennis Klein. Der 19-Jährige kann im Schatten der Stars um Franziska, Tiago Apolonia und Co. vom Talent zum gestandenen Spieler reifen. "Wir sind zurzeit extrem überzeugt von Dennis", sagt FCS-Mannschaftsbetreuer Nicolas Barrois über Klein, der dank seiner Leistungen im kommenden Jahr auch bei Lehrgängen des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) den "Großen" um Timo Boll und Dimitrj Ovchtarov reinschnuppern darf. Und wer weiß - vielleicht wird er ja ein Überraschungskandidat für Tokio.

Zum Thema:

Auf einen Blick Für Tischtennis-Bundesligist 1. FC Saarbrücken steht heute ein richtungweisendes Heimspiel an. Wenn der FCS ab 19 Uhr den TTC Fulda-Maberzell empfängt, dann kommt es in der Joachim-Deckarm-Halle zum Duell des Vierten gegen den Dritten. Mit einem Sieg könnte der FCS mit Fulda gleichziehen und sich Verfolger TTC Bergneustadt weiter vom Leib halten. Welche FCS-Spieler an die Platte gehen, ist noch offen. "Alle Mann sind an Bord", sagte Erwin Berg, der sportliche Leiter des FCS, gestern. Auch Nationalspieler Patrick Franziska hat nach seinem Muskelfaserriss grünes Licht von den Ärzten bekommen. mwe

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