Eine Frage der Ehre - selbst wenn es auf Sand ist

Saarbrücken. Eigentlich passt der Davis Cup ja überhaupt nicht in seinen Turnierplan. Benjamin Becker hatte für ein Challenger-Turnier in Luxemburg gemeldet, danach in Metz, beides auf Hartplatz und in der Halle

Saarbrücken. Eigentlich passt der Davis Cup ja überhaupt nicht in seinen Turnierplan. Benjamin Becker hatte für ein Challenger-Turnier in Luxemburg gemeldet, danach in Metz, beides auf Hartplatz und in der Halle. In Hamburg, wo die deutsche Mannschaft an diesem Wochenende gegen Australien um den Verbleib in der Weltgruppe spielt, wird auf Sand gespielt - ein Belag, den der 31-jährige Orscholzer normalerweise meidet wie der Teufel das Weihwasser.Und doch hatte der Saarländer keinen Moment gezögert, als Teamchef Patrik Kühnen ihn anrief und fragte, ob er für Deutschland antreten wolle. "Klar war das kurzfristig, überraschend. Aber das ist Davis Cup. Da bin ich immer bereit, zu spielen, etwas anderes steht da gar nicht zur Debatte. Da stelle ich meine persönliche Planung immer hintenan", sagt Becker.

Das klingt - wenn auch unbeabsichtigt - wie ein Vorwurf an all diejenigen, die ihre persönlichen Pläne nicht dem Nationalteam oder dem deutschen Tennis, sei es im Davis Cup oder auch bei Olympia, unterordnen. Querelen um Philipp Kohlschreiber bei der Erstrunden-Partie in Bamberg im Februar gegen Argentinien, als er sich mit einer SMS krank meldete und dann nicht mehr auftauchte, haben dazu geführt, dass Becker gefragt wurde: Teamchef Kühnen griff nach einer weiteren Verfehlung Kohlschreibers während der US Open, als dieser der Mannschaft den Teamgeist absprach, durch und warf den Augsburger aus dem Kader.

Da auch Tommy Haas aus persönlichen Gründen absagte, müssen nun Florian Mayer, Philipp Petzschner, Cedric-Marcel Stebe und Becker den ersten Abstieg aus der Weltgruppe seit 2003 verhindern. Gleichzeitig geht es um den Ruf des deutschen Tennis. Der ist mehr denn je angekratzt, seit Mayer und Kohlschreiber für Olympia in London abgesagt und dafür immense Kritik eingesteckt hatten.

Klar ist aber: Auf Becker kann sich der Saarländer Kühnen verlassen. Selbst auf Sand. Denn Becker ist wieder im Aufwind, nachdem er 2011 verletzungsbedingt sieben Monate auf der Tour verpasst hatte und in der Welt-Rangliste auf einen Platz jenseits der 300 zurückgefallen war. Mittlerweile hat sich Becker wieder auf Platz 83 vorgearbeitet, Tendenz steigend. Noch fehlt dem Orscholzer die Konstanz, doch beispielsweise mit dem Sieg gegen Top-20-Spieler Milos Raonic (Kanada) in Newport hat er bewiesen, dass er das Potenzial hat, wieder in die Top 50 vorzustoßen.

Selbst der ungeliebte rote Untergrund scheint ihm dieser Tage in Hamburg kaum etwas auszumachen. "Überraschend gut" komme er derzeit zurecht, trotz Jetlag. "Ich habe gut trainiert und fühle mich gut. Ich bin bereit", sagt Becker und hofft auf eine Gelegenheit, seine bisher ernüchternde Bilanz im Davis Cup (kein Sieg in vier Einsätzen) etwas aufzupolieren. Und sei es nur im Doppel - das ist Becker egal. Denn wer es als eine Ehre empfindet, für Deutschland zu spielen, der will einfach nur seinen Teil zum Erfolg beitragen. spr

Am Rande

Tennis-Reporter Gerd Szepanski ist tot. Der Mann mit der unverkennbaren Bass-Stimme, der die Karrieren von Steffi Graf und Boris Becker am Mikrofon begleitete, starb vergangenen Samstag im Alter von 64 Jahren in seinem Geburtsort Bad Malente. Szepanski hatte Schilddrüsenkrebs.

Zu Beginn seiner 40-jährigen Reporter-Laufbahn war der Schleswig-Holsteiner 17 Jahre für den NDR und die ARD tätig. Danach folgten Abstecher zu RTL und ZDF, ehe er ab 1999 die Grand-Slam-Turniere dieser Welt für den Pay TV-Anbieter Premiere/Sky kommentierte. dpa

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