"Eine Bande von elf kleinen Rowdies"

Paris. Der französische Fußball erlebt eine der schwersten Krisen seiner Geschichte. Das blamable Auftreten des Nationalteams bei der WM in Südafrika lässt die Grande Nation vor Scham im Boden versinken. Nach Nicolas Anelkas Rauswurf und der Meuterei der Spieler gegen den Verband und Trainer Raymond Domenech fordern selbst Politiker schonungslose Aufklärung und Konsequenzen

Paris. Der französische Fußball erlebt eine der schwersten Krisen seiner Geschichte. Das blamable Auftreten des Nationalteams bei der WM in Südafrika lässt die Grande Nation vor Scham im Boden versinken. Nach Nicolas Anelkas Rauswurf und der Meuterei der Spieler gegen den Verband und Trainer Raymond Domenech fordern selbst Politiker schonungslose Aufklärung und Konsequenzen. "So etwas habe ich noch nicht erlebt. Das ist erbärmlich und dramatisch", schimpfte der ehemalige Sportminister Jean-François Lamour. "Diese französische Mannschaft bereitet uns eine echte Schande", lauteten andere Kommentare.

Sportministerin Roselyn Bachelot soll dem Chaos ein Ende setzen. Die Politikerin verlängerte auf Anordnung von Präsident Nicolas Sarkozy ihren Aufenthalt in Südafrika und berief ein "Krisentreffen" mit Team-Kapitän Patrice Evra, Domenech und dem Präsidenten des Nationalverbands FFF, Jean-Pierre Escalettes ein. Wegen der "Empörung der Franzosen" mit ihrer Elf, sagte Bachelot, rufe sie alle Delegationsangehörigen zur "Verantwortung und zur Wahrung der Würde" auf.

Von "grauenvoll" (Außenminister Bernard Kouchner) bis "erbärmlich" (Arbeitsminister Eric Woerth) reichen die Kommentare. "Das ist inakzeptabel", klagte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bereits über die Anelka-Affäre. Ausgangspunkt der neuen beispiellosen Krise bei den Franzosen war der miese Vorrundenstart. Nach einem mageren 0:0 gegen Uruguay und der Niederlage gegen Mexiko steht Frankreich in der Gruppe A vor dem Vorrunden-Aus. Anschließend musste Stürmer Nicolas Anelka vorzeitig nach Hause fahren, weil er Domenech übelst beleidigt haben soll. Das Team um Franck Ribéry trat daraufhin aus Solidarität in den Streik.

Kein Training, hieß es am Sonntag. Ein handfester Streit zwischen Evra und Konditionstrainer Robert Duverne sowie der Rücktritt von Delegationschef Jean-Louis Valentin machten das Chaos komplett. Unterstützung bekommt die Mannschaft nicht einmal mehr von der Fußballgemeinschaft. "Das alles lässt glauben, dass sie verrückt geworden sind und dass sie sich nicht der Konsequenzen und der Schäden bewusst sind, die ihre Entscheidung anrichtet und auch nicht des Bildes, das sie vom französischen Fußball vermitteln, nach Frankreich und ins Ausland", sagte Ex-Nationalspieler Bixente Lizarazu zur Meuterei.

Der französische Philosoph Alain Finkielkraut forderte sogar eine Aufgabe der "Bleus" bei der WM. "Diese Spieler sind nicht nur unausstehlich, sie sind grotesk. Eine Bande von elf kleinen Rowdies ist keine Mannschaft", wetterte der Autor. Die Wogen ein wenig glätten könnte wohl nur ein glanzvoller Sieg der Franzosen im letzten Vorrundenspiel. Doch auch Gegner Südafrika will dort mit einem Wunder noch das Achtelfinale erreichen.

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