Ein Super-Adler auf Formsuche

Oberstdorf · Topspringer Gregor Schlierenzauer ist vor dem Start der Vierschanzentournee an diesem Wochenende weit von seiner Bestform entfernt. Der zweimalige Gesamtsieger macht sich darüber selbst jedoch am wenigsten Sorgen.

Gregor Schlierenzauer ist ein geduldiger Mensch. "Ich stand schon 53 Mal ganz oben. Ich habe da am wenigsten Probleme mit", sagt der Österreicher über sein derzeitiges Formtief. Aus der Ruhe bringen lässt sich der 24-Jährige nicht. Auch wenn er nach umfangreichen Systemumstellungen vor dem Start der Vierschanzentournee an diesem Sonntag (16.30 Uhr/ARD ) in Oberstdorf maximal zum erweiterten Favoritenkreis zählt, ist er mit sich im Reinen.

"Das ganz Große kommt meistens von der inneren Stille. Wenn man schon sehr, sehr viel erreicht hat, dann ist es wichtig, seinen Weg zu gehen", sagt Schlierenzauer. Der Rekord-Weltcupsieger spricht diese Worte mit leiser Stimme, wirkt hochkonzentriert: "Manchmal muss man vielleicht auch eine Stufe runtersteigen, um neu Anlauf zu nehmen."

Genau das hat er getan. Nachdem er ohne die ersehnte Einzelmedaille von den Olympischen Spielen in Sotschi abreisen musste, hat er viel getüftelt. Mit Heinz Kuttin kam ein neuer Cheftrainer, zudem springt er nach acht Jahren erstmals eine neue Bindung. "Ich habe mich sehr wohl gefühlt mit meinem alten System, der Erfolg hat mir ja auch Recht gegeben", sagte Schlierenzauer: "Nur muss man auch einen gewissen Weitblick haben, wo die Reise des Skispringens hingeht."

Mehr Aggressivität ist gefragt, vor allem beim Absprung und in der ersten Flugphase. Schlierenzauer versucht, das umzusetzen, hat jedoch Probleme. Immerhin einen Weltcupsieg gab es in diesem Winter, von den Seriensiegen der Vergangenheit ist der zweimalige Gesamtweltcup-Gewinner jedoch weit entfernt. "Für mich ist es wichtig, dass es mir gut geht und dass ich Spaß habe", sagt er heute: "Ich will mein Potenzial abrufen, und wenn mir das gelingt, bin ich auch mit einem fünften Platz glücklich."

Ob das auch für die 63. Vierschanzentournee gilt, bleibt abzuwarten. 2011/2012 und 2012/2013 gewann Schlierenzauer die Traditions-Veranstaltung. Viele trauen dem Wunderkind zu, den Rekord des fünf Mal erfolgreichen Finnen Janne Ahonen zu brechen, zumal die Entscheidung auf seinen Heim-Schanzen in Innsbruck und Bischofshofen fällt. "Mir sollten die Erfahrung und der Umstand, die Tournee bereits gewonnen zu haben, in die Karten spielen", sagt er.

Zu den Favoriten zählt Schlierenzauer "jene, die die bisherige Saison dominiert haben", also den Norweger Anders Fannemel, Roman Koudelka aus Tschechien oder auch Severin Freund . Und natürlich Michael Hayböck, dem in Österreich eher als Schlierenzauer zugetraut wird, den siebten Gesamtsieg eines Austria-Adlers in Folge zu schaffen. "Das ergibt eine breite Masse an Siegspringern und verspricht Spannung", sagt Schlierenzauer.

Schafft er vielleicht also doch das Comeback, mit dem derzeit keiner rechnet? "Ich habe sicher weniger Druck als andere. Hinzu kommt, dass die Tournee bekanntlich eigene Gesetze hat, das hat die Vergangenheit bewiesen. Also mal sehen, was kommt." Gregor Schlierenzauer ist eben ein geduldiger Mensch.

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