Ein Sommer voller Kompromisse

Frankfurt · Bundestrainer Joachim Löw wird ein Perspektiv- Team zum Confed-Cup schicken, parallel findet die U21-EM statt. Für zwei DFB-Teams werden im Juni 46 Akteure benötigt.

 Verkniffene Miene: Heute wird Joachim Löw sein kniffliges Personalpuzzle der Öffentlichkeit vorstellen. Der Bundestrainer dürfte auch einen oder mehrere Saarländer mit zum Confed-Cup nach Russland nehmen. Foto: Charisius/dpa

Verkniffene Miene: Heute wird Joachim Löw sein kniffliges Personalpuzzle der Öffentlichkeit vorstellen. Der Bundestrainer dürfte auch einen oder mehrere Saarländer mit zum Confed-Cup nach Russland nehmen. Foto: Charisius/dpa

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An diesem Kaderpuzzle muss Joachim Löw bis zur letzten Minute tüfteln. Eine lange Streichliste von gestandenen Fußball-Weltmeistern sowie nicht gesunden Akteuren wie Kapitän Manuel Neuer oder Mario Götze macht die Aufstellung von gleich zwei Aufgeboten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) für den Confederations Cup und die parallel stattfindende U21-Europameisterschaft kompliziert.

Erst bei einem letzten Treffen der Trainerstäbe gestern in der Frankfurter Verbandszentrale fixierten Chef Löw und U21-Trainer Stefan Kuntz die finalen Entscheidungen. Heute (13 Uhr) werden sie dann gemeinsam ihre jeweiligen 23-Mann-Aufgebote mit reichlich Überraschungspotenzial der Öffentlichkeit präsentieren.

"Wir haben es nicht ganz so einfach", gesteht der Bundestrainer. Sehr viele Kompromisslösungen sind nötig: Rücksichtnahme auf Vereine, die individuelle Situation der Nationalspieler, dazu DFB-Interessen. Der Weltmeister ist beim ungeliebten Confed-Cup vom 17. Juni bis 2. Juli in Russland sportlich in der Pflicht. Und die U21-Auswahl soll vom 16. bis 30. Juni in Polen mit einem starken Kader um den Titel mitspielen können.

"Wir diskutieren, wie wir die Spieler aufteilen", sagt DFB-Team-Manager Oliver Bierhoff über den Findungsprozess: "Und dann hoffe ich natürlich, dass die Vereine mitziehen." Kein Bundesligist will zu viele Akteure abstellen. Es wird genau hingeschaut, wie die Belastung verteilt wird.

Löw hat als maßgebliche Instanz eine klare Vorgabe gemacht: "Über allem steht die Weltmeisterschaft 2018." Und dem unterwirft er die Personalauswahl im Sommer. Fixkräfte wie Toni Kroos, Mesut Özil, Sami Khedira, Jérôme Boateng, Thomas Müller oder Mats Hummels können die bis zu fünf Confed-Cup-Partien entspannt in ihrem Urlaubsdomizil am Fernseher verfolgen. Das gilt ebenso für verletzte Akteure wie Ilkay Gündogan oder Benedikt Höwedes, der nach Saisonende an der Hüfte operiert wird.

Ohne Spieler aus seinem "Kernkader" wird Löw aber nicht nach Russland fahren. Weltmeister wie Julian Draxler oder Shkodran Mustafi sind ebenso eingeplant wie inzwischen etablierte Stammspieler, etwa der Saarländer Jonas Hector vom 1. FC Köln oder Joshua Kimmich vom FC Bayern.

Löw liebäugelte bis zuletzt auch mit einer Nominierung des Dortmunders Marco Reus, der die letzten großen Turniere (WM 2014, EM 2016) verletzt verpasst hatte. Reus und der BVB reagierten aber nicht begeistert. Man müsse bewerten, "was das Beste für mich ist im Sommer, auch hinsichtlich der WM. Da möchte ich unbedingt dabei sein", bekräftigte Reus seine Ablehnung am Wochenende.

"Die Nationalmannschaft ist für die Spieler das Nonplusultra", sagt dagegen Löw. Der Confed-Cup könnte da als Sprungbrett zur WM dienen. "Jeder spielt gerne für sein Land", sagt Mario Gomez, ein denkbarer Leitwolf für den unerfahrenen Confed-Cup-Kader. Auch Neulinge werden im Aufgebot erwartet: Der Leipziger Willi Orban, Amin Younes von Ajax Amsterdam und der 28-jährige Gladbacher Lars Stindl werden als Kandidaten gehandelt. Auch dessen Vereinskollege, der Saarländer Patrick Herrmann, könnte eine Chance bekommen. Löw ist berühmt für Überraschungen.

Spannend wird die Aufteilung jener Nationalspieler zwischen Löw und Kuntz, die vom Alter her auch das U21-Turnier spielen dürften. Nach der Verletzung des Dortmunders Julian Weigl (Sprunggelenksbruch) sind es 14 Youngster mit Länderspiel-Erfahrung. Wo sind Talente wie Leon Goretzka, Timo Werner, Serge Gnabry oder Niklas Süle sinnvoller aufgehoben? "Die Spieler sollen in der jeweiligen Mannschaft in jedem Fall zum Einsatz kommen", benennt Löw ein Entscheidungskriterium.

Fest steht schon: Löws Team für Russland wird im Vorfeld auch das Länderspiel am 6. Juni in Kopenhagen gegen Dänemark sowie die vier Tage später anstehende WM-Qualifikationspartie gegen San Marino in Nürnberg bestreiten. Özil, Hummels und Co. haben dann schon längst Urlaub.

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