Ein Remis zum Nachdenken

Mönchengladbach · Der vorletzte Test der deutschen Fußball-Nationalmannschaft vor dem Start der WM in Brasilien war kein guter. Die Deutschen präsentierten sich beim 2:2 gegen Kamerun wenig eingespielt.

Das war noch nicht WM-reif! Im vorletzten WM-Test nach dem Trainingslager hat sich deutsche Fußball- Nationalmannschaft mit einem 2:2 (0:0) gegen Kamerun begnügen müssen. Zwei Wochen vor dem ersten Gruppenspiel gegen Portugal zeigte das Team von Bundestrainer Joachim Löw gestern in Mönchengladbach zwar ihre Spielidee für das Turnier in Brasilien, offenbarte aber noch zu viele Fehler und Unstimmigkeiten.

Trotz der beiden Tore durch Thomas Müller (66.) und André Schürrle (71.) verbreitete die deutsche Mannschaft noch keine WM-Stimmung unter den 41 250 Zuschauern im Borussia-Park. Bei den Gegentoren von Samuel Eto'o (62.) und dem Mainzer Eric-Maxim Choupo-Moting (78.) zeigte sich die deutsche Defensive gegen das Team von Trainer Volker Finke zu anfällig.

Damit bleibt Löw vor der Generalprobe am Freitag in Mainz gegen Armenien noch einige Arbeit. Dann sollen auch der angeschlagene Kapitän Philipp Lahm und Torwart Manuel Neuer womöglich wieder ins Team zurückkehren. Gegen Kamerun gehörten zudem Bastian Schweinsteiger und Marcel Schmelzer nach Knieproblemen nicht zum Aufgebot, absolvierten aber mittags ein individuelles Übungsprogramm. Der WM-Plan von Löw war einen Tag vor Ablauf der Nominierungsfrist, bei der er noch drei Spieler aus dem Kader streichen muss, theoretisch zu erkennen - wurde von seinem Team auf dem Platz aber nur phasenweise umgesetzt. Vor allem Mesut Özil verlieh dem Spiel als Lenker zu selten Struktur und auch Mario Götze konnte seine Rolle als Sturmspitze anstelle von Miroslav Klose erneut nicht ausfüllen.

Erst nachdem der außen gestartete Thomas Müller für seinen ausgewechselten Bayern-Kollegen ins Zentrum ging, kam die gewünschte Effektivität in die deutsche Offensive. Zunächst verwertete er eine Flanke von Jerome Boateng zu seinem 17. Länderspiel-Tor und leitete nur fünf Minuten später das 2:1 ein. Sein öffnender Pass erreichte den im Abseits stehenden Joker Lukas Podolski auf der linken Seite, die Hereingabe verwertete der ebenfalls eingewechselte Schürrle ohne Probleme. Mit diesem direkten Angriffsspiel soll das deutsche Team auch bei der WM glänzen - und die Mängel in der Defensive beseitigen.

Nachdem Löw im Trainingslager in Südtirol größtenteils hinter geschlossenen Türen trainieren ließ, legte er erstmals Teile seines WM-Konzepts offen. Auf der linken Abwehrseite gab Dortmunds Erik Durm als 72. Neuling in der Amtszeit des Bundestrainers ein ordentliches Debüt. Jerome Boateng startete als Ersatz für Lahm wie schon bei der EM 2012 als Rechtsverteidiger zumeist gut aufgelegt. Noch ist nicht entschieden, ob der angeschlagene Kapitän in Brasilien auf seine Stammposition zurückkehrt oder ins defensive Mittelfeld rückt.

Dort ordnete Sami Khedira als zentrale Figur das Spiel und zeigte sich sechseinhalb Monate nach seinem Kreuzbandriss athletisch deutlich verbessert. Sein Nebenmann Toni Kroos agierte zumeist mit langen Pässen. Immer wieder versuchte das deutsche Team, die schnellen Offensivleute Müller, Götze und Marco Reus mit steilen, vertikalen Bällen ins Spiel zu bringen. Doch wie zuletzt beim 1:1 gegen Italien im vergangenen November präsentierte sich die Lösung mit Götze als zentraler Angreifer noch nicht WM-tauglich. Der Bayer ließ sich in der Rolle der falschen Neun mehrfach weit zurückfallen und entwickelte nur wenig Torgefahr. Stattdessen stellte Eto'o auch mit 33 Jahren noch seine Extraklasse unter Beweis und traf. Mit der Einwechslung von Schürrle für Götze und der taktischen Umstellung glückte Löw der entscheidende Offensivschachzug.

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